Großbau: Eine neue Hauptstadt für Ägypten

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Etwa im Jahr 2020, nach rund 1050 Jahren, soll Kairo seine Rolle an eine neu gebaute Stadt abgeben. Projektname: CC

Auf allen Fotos lächelt Ägyptens Präsident, Abdel Fatah al-Sisi, zufrieden. Er hatte am Wochenende, als im Badeort Sharm El-Sheikh eine dreitägige internationale Investorenkonferenz zu Ende ging, auch Grund dazu. Der Feldmarschall, seit der Absetzung des Kurzzeitpräsidenten und Islamisten Mohammed Mursi im Sommer 2013 de facto starker Mann am Nil und seit Juni 2014 gewählter Präsident, hat sein 90-Millionen-Land auf die globale Bühne zurückgeführt – trotz Unterdrückung im Inneren und zunehmenden islamistischen Terrors.

Die angereisten Staatschefs, Diplomaten und Unternehmer hatten mindestens 40 Milliarden Euro an Investitionswert zugesagt; der Investitionsminister sprach gar von 124 Mrd. Euro. Die meisten Vorhaben sind im Öl-, Gas- und Stromsektor und der Immobilienbranche zu finden, weniger hingegen in Handel und Industrie.

Bekannt war, dass al-Sisi (60) der desolaten Wirtschaftslage im Land (laut Weltbank leben 25 Prozent der Ägypter von maximal einem Euro am Tag in absoluter Armut) mit Megaprojekten begegnet: Gerade wird der Suezkanal erweitert und ein erstes AKW geplant. In Sharm El-Sheikh indes gelang dem stämmigen Infanterieoffizier eine Überraschung, als er das glitzernde Großmodell einer neuen Stadt vorstellte: Sie firmiert bisher inoffiziell nur unter CC für Capital Cairo oder Capital City und soll, wie der Name andeutet, nichts anderes als Ägyptens neue Hauptstadt werden.

Bauzeit fünf bis sieben Jahre

Schon binnen fünf bis sieben Jahren soll sie in der Wüste östlich von Kairo entstehen. Federführend ist der Investmentkonzern Capital City Partners aus Dubai. Bauminister Mostafa Madbouly pries das Projekt als „Quelle von Stolz und Inspiration für die jungen Ägypter“. Er sagte, die Kosten betrügen für Phase eins bis 2022 rund 40 Mrd. Euro; zur Finanzierung schwieg er.

Präsidentenpalast, Ministerien, Ämter, Börse, Banken und Botschaften sollen in die Retortenstadt umziehen, die eine Skyline mit Wolkenkratzern wie arabische Metropolen am Golf bekommen wird. Fünf Millionen Menschen sollen auf 700 Quadratkilometern wohnen (Wien: circa 415 km2). Kairo mit seinen rund 20 Millionen Menschen, so genau weiß man das nicht, platzt nämlich aus allen Nähten. Die Infrastruktur Kairos, seit dem Jahr 969 Ägyptens Kapitale (siehe Geschichte unten), ist extrem zerrüttet, die Müllabfuhr eine Katastrophe, viele Brücken und Häuser sind baufällig. Slums wuchern, der Autoverkehr ist ein Albtraum. Seit über zehn Jahren versucht man, eine dritte U-Bahn fertigzustellen, die den Flughafen mit der City verbindet.

„Dubai-besoffene Eliten“

In CC (die Buchstaben sind auch al-Sisis Initialen) indes ist nicht nur noch ein Flughafen geplant, sondern Unis, Moscheen, 2000 (!) Schulen, 600 (!!) Spitäler, ein Technologiepark und ein Solarkraftwerk.

CC fand auch unter Ägyptern sofort enthusiastische Fans, etwa auf Twitter. Andere reagieren entgeistert: „Unsere Dubai-besoffenen Eliten wollen sich abkehren von einer tausende Jahre alten Geschichte und tun, als sei Ägypten ein unbeschriebenes Blatt“, schrieb Khaled Fahmy, Historiker an der American University in Kairo. „Sie sehnen sich nach einem neuen Ägypten, mit einer neuen Hauptstadt und mit einem neuen Volk.“

Westliche Kritiker warnten indes vor Großprojekten, die nicht zu realen Geldquellen würden. IWF-Chefin Christine Lagarde dämpfte die Euphorie der ägyptischen Elite: Wirtschaftswachstum müsse „inklusiv sein“, also auch bei Frauen und jungen Leuten ankommen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.03.2015)

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