Venezuela: Maduro erhält „antiimperialistische“ Vollmachten

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Venezuelas Staatschef hat das Parlament entmachtet: Er ließ sich von den Abgeordneten grünes Licht geben, um bis Ende 2015 per Dekret zu regieren. Begründet wird die Maßnahme mit der „Bedrohung durch die USA“.

Caracas/Buenos Aires. Obama sei Dank: Nicht mal eine Woche, nachdem der US-Präsident Venezuela zur „Gefahr für die Sicherheit der Vereinigten Staaten“ erklärte, nahm Venezuelas Präsident, Nicolás Maduro, den US-Vorstoß zum Anlass, die Demokratie des Karibiklandes weiter zu stutzen.
Seit Monaten behauptet Maduro, die miserable Versorgungslage sei die Folge eines „ökonomischen Krieges“ gegen sein Land. Nun kam Obamas Einreiseverbot für sechs venezolanische Militärs und eine Staatsanwältin gerade recht, um im Jahr der Parlamentswahlen Sondervollmachten für den Präsidenten zu erlassen. Sollte seine sozialistische Partei bei dem noch nicht terminierten Urnengang eine – erwartbare – Niederlage einfahren, bliebe Maduro zumindest bis zum Jahresende handlungsfähig.

Schlimmste Krise seit 1998

Am Sonntag akzeptierte die chavistische Mehrheit des Einkammer-Parlamentes das „Antiimperialismus-Gesetz“, das dem Präsidenten ermöglicht, per Dekret zu regieren. Bis Ende 2015 kann Maduro – wie einst Hugo Chávez – auf die Meinung der Volksvertreter verzichten, um seine Ideen umzusetzen. Das Regelwerk erlaubt dem Präsidenten, „das venezolanische Rechtssystem zu perfektionieren“, „das Territorium zu schützen und die Armee zu stärken“ sowie sicherzustellen, dass „sich das Land wirtschaftlich, finanz- und handelspolitisch vorbereitet, um jede Variante eines US-Boykotts zu überstehen“.

Knapp zwei Jahre nach Maduros knappem Wahlsieg erlebt der Ölstaat seine schlimmste Krise seit der Wahl von Chávez 1998. Die Wirtschaft, die schon seit Jahren kaum noch gewachsen ist, ist seit dem Verfall der Rohölpreise im freien Fall. Weil Devisen fehlen, kann das Land nicht ausreichend Lebensmittel und Ersatzteile importieren, den Haushalten, aber auch den Wirtschaftsbetrieben fehlt es allem Möglichen. Die Inflationsrate lag im Vorjahr bei 68 Prozent – und ist somit die höchste der Welt.

Noch ehe die Sondervollmachten beschlossen wurde, hatte die Union südamerikanischer Staaten, Unasur, den Vorstoß Washingtons verurteilt. Gegen die Verhaftung des Oppositionsführers Antonio Ledezma wollten die kontinentalen Compañeros freilich nicht protestieren, eine leise Anmerkung des uruguayischen Vizepräsidenten, Raúl Sendic, beantwortete der Venezolaner mit deftigem Wutbrummen.

Schon im November 2013 hatte sich Maduro ein Jahr Sondervollmachten genehmigen lassen, binnen eines Jahres erließ er 50 Dekrete, die die Staatskontrolle über die Wirtschaft erhöhten – ohne positive Effekte zu hinterlassen. Via Twitter fragte Oppositionschef Henrique Capriles: „Wird dieses Ermächtigungsgesetz Probleme lösen? Wird es die Inflation senken? Wird es Versorgungsmängel beheben? Wird es die Venezolaner ernähren?“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.03.2015)

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