PKK-Chef Öcalan ruft zu Frieden mit Türkei auf

Demonstrators wave flags with the image of imprisoned Kurdish rebel leader Abdullah Ocalan during a rally in Istanbul
Demonstrators wave flags with the image of imprisoned Kurdish rebel leader Abdullah Ocalan during a rally in Istanbul(c) REUTERS (Murad Sezer / Reuters)
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Mit seiner historischen Botschaft will der inhaftierte Kurdenführer das Ende des bewaffneten Kampfes einläuten, der bisher 40.000 Todesopfer forderte.

Der inhaftierte Chef der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK), Abdullah Öcalan, hat seine Anhänger zum Frieden mit der türkischen Regierung aufgerufen. Es sei an der Zeit, die "grausame" und "zerstörerische" Geschichte zu beenden und eine Ära des "Friedens", der "Brüderlichkeit" und der "Demokratie" zu beginnen, teilte Öcalan am Samstag mit.

Öcalan bekräftigte in der zum kurdischen Neujahrsfest Newroz in Diyarbakir verlesenen Botschaft zudem seinen Wunsch, den bewaffneten Kampf zu beenden. Der PKK-Chef hatte die Organisation Ende vergangenen Monats dazu aufgefordert, einen Kongress einzuberufen, um die Niederlegung der Waffen zu beschließen.

In seiner Newroz-Botschaft bekräftigte Öcalan seinen Wunsch, den bewaffneten Kampf zu beenden. Die PKK solle auf einem Kongress "eine politische und gesellschaftliche Strategie" festlegen, um "eine demokratische Lösung und Frieden" zu erreichen, erklärte Öcalan. Mit dem Kongress werde eine "neue Ära" beginnen. Der Kampf der Bewegung sei nicht vergeudet, aber er lasse sich nicht aufrecht halten. Öcalan ging jedoch nicht so weit, ein sofortiges Niederlegen der Waffen zu verlangen.

Türkische Regierung begrüßt Friedens-Aufruf

Die türkische Regierung begrüßt den Friedens-Aufruf. Die Äußerungen seien "in jeder Hinsicht positiv", sagte Vize-Regierungschef Bülent Arinc. Regierungschef Ahmet Davutoglu versprach, "das Notwendige zu tun", um den Friedensprozess erfolgreich zu Ende zu bringen.

"Lasst uns den Ärger beiseite lassen und uns von jetzt an nur auf Verhandlungen konzentrieren", sagte Davutoglu in einer Rede in Istanbul. "Lasst uns die Kultur des Hasses, die Gewalt und die Waffen für immer beerdigen."

Die islamisch-konservative AKP von Präsident Recep Tayyip Erdogan hofft bei der Parlamentswahl im Juni auf die Unterstützung der 15 Millionen Kurden im Land. Sie will die nötige Mehrheit für eine Änderung der Verfassung erhalten, um dem Präsidentenamt mehr Macht zu geben.

Seit 2012 Verhandlungen mit Öcalan

Ankara hatte im Herbst 2012 Verhandlungen mit dem zu lebenslanger Haft verurteilten Öcalan aufgenommen. Das nährte die Hoffnung auf ein Ende des Kurden-Konflikts. Im März 2013 verordnete Öcalan seinen Anhängern einen Waffenstillstand, der auch weitgehend eingehalten wird. Zuletzt gerieten die Verhandlungen aber ins Stocken.

Der Konflikt zwischen der türkischen Regierung und der PKK währt seit rund 30 Jahren. Dabei kamen bisher rund 40.000 Menschen ums Leben.

Inzwischen ist die PKK nach eigenen Angaben von der Maximalforderung eines unabhängigen Staates abgerückt.

Geschichte des Konfliktes

Von 1984 an kämpfte die PKK mit Waffengewalt und Anschlägen für einen kurdischen Staat oder ein Autonomiegebiet im Südosten der Türkei.

Inzwischen ist die PKK nach eigenen Angaben von der Maximalforderung eines unabhängigen Staates abgerückt. Die Türkei, die Europäische Union und die USA stufen die PKK als Terrororganisation ein. PKK-Führer Abdullah Öcalan sitzt seit 1999 auf der türkischen Gefängnisinsel Imrali in Haft. Das Hauptquartier der Organisation liegt in den irakischen Kandil-Bergen.

Die islamisch-konservative AKP-Regierung und die PKK bemühen sich um einen Friedensprozess. Im März 2013 erklärte die PKK eine Waffenruhe. Bald darauf begann die PKK, ihre Kämpfer aus der Türkei abzuziehen. Im September setzte sie den Abzug allerdings aus, weil sie mangelndes Entgegenkommen der türkischen Regierung beklagte.

Gefährdet wurde der Friedensprozess zuletzt von den Kämpfen um die syrisch-kurdische Stadt Kobane (Ayn al-Arab). Dort stellten sich PKK-nahe Kurden-Einheiten 2014 der jihadistischen Organisation "Islamischer Staat" (IS) entgegen. Im Oktober kamen bei Demonstrationen für den Schutz Kobanes im kurdisch geprägten Südosten der Türkei mehr als 40 Menschen ums Leben. Die türkische Armee flog die ersten Luftangriffe auf PKK-Stellungen in der Türkei seit der Waffenruhe; es kam zu Gefechten.

Ende Februar kam wieder Bewegung in die Friedensverhandlungen: Der kurdischer Führer und PKK-Chef Öcalan rief seine Anhänger dazu auf, eine Niederlegung der Waffen zu beschließen. Dazu solle noch im Frühjahr ein Kongress einberufen werden.

Die AKP-Regierung hat den Kurden schrittweise mehr Rechte zugestanden. Allerdings wird beispielsweise weiterhin kein Unterricht auf Kurdisch in staatlichen Schulen angeboten.

Etwa 24 Millionen Kurden leben über die Länder Türkei, Irak, Iran und Syrien verteilt. Sie bezeichnen sich als größtes Volk ohne eigenen Staat. In der Türkei machen die Kurden etwa 18 Prozent der Gesamtbevölkerung aus.

(APA/DPA)

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