US-Wahl: Ted Cruz, der Kreuzritter von rechts außen

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Der texanische Senator Cruz bewirbt sich um das Weiße Haus. Sein demagogischer Stil macht seine Nominierung durch die Republikaner unwahrscheinlich.

Washington. Ted Cruz, der 44-jährige Senator aus Texas, ist ein Hitzkopf, ein Demagoge und ein politischer Haudegen, der sich bei der Kritik an seinen politischen Gegnern auch in der untersten Schublade bedient. Ein Dummkopf, wie ihn Amerikas Linksliberale gern verhöhnen, ist Cruz allerdings nicht. „Jedes Jahr sieht man zwei oder drei Studenten, von denen man weiß, dass sie geborene Führer sind. Jeder sah das bei Barack Obama“, sagte der Strafrechtsprofessor Alan Dershowitz, bei dem Cruz vor zwanzig Jahren in Harvard studierte und cum laude abschloss, zum „Boston Globe“. „Es gibt Studenten, die mit charismatischen Eigenschaften ausgestattet sind, denen andere Leute folgen. Cruz war einer davon.“

Am Montag erklärte Cruz als erster Politiker beider Parteien seine Kandidatur für die Präsidentschaftswahl 2016. Der Ort dieser Ankündigung machte klar, an welche Wählergruppe sich der Sohn eines 1957 eingewanderten Kubaners wendet: die Liberty University in Lynchburg, Virginia, 1971 vom Baptistenprediger Jerry Falwell gegründet, der unter anderem Homosexualität zur Sünde erklärte, die Kinderserie „Teletubbies“ als Schwulenpropaganda geißelte und den Kreationismus, also die Schöpfungsgeschichte nach der Genesis, zum akademischen Lehrinhalt machte.

Cruz konzentriert sich in seiner Kampagne auf weiße, evangelikale Protestanten. In den Umfragen liegt er weit hinter zahlreichen wahrscheinlichen republikanischen Kandidaten; vergangene Woche sagten nur vier Prozent der befragten Republikaner in einer CNN-Umfrage, dass sie Cruz wählen würden – Platz acht. Doch bei der ersten parteiinternen Vorwahl in Iowa werden weiße fundamentalistische Protestanten die Mehrheit stellen. Zuletzt, im Jänner 2012, gaben sie in Iowa 56 Prozent der Stimmen bei der Vorausscheidung der Republikaner ab. Damals siegte der erzkonservative Rick Santorum knapp vor dem späteren Präsidentschaftskandidaten, Mitt Romney. Cruz spekuliert somit darauf, dass er den Schwung eines ersten Vorwahlsieges dazu nutzen kann, auch gemäßigtere Teile der konservativen Bewegung für sich zu gewinnen. Denn wenn er nur als Bannerträger der weißen Evangelikalen auftritt, hat er keine Chance, nominiert zu werden. Diese Gesellschaftsgruppe zählt zwar zu den fleißigsten Wählern, von ihr stammten aber bei den Urnengängen 2012 und 2014 nur 23 bzw. 26 Prozent aller Stimmen. Und nicht jeder weiße Baptist ist konservativ: Laut Erhebung des Pew Research Center gingen bei den Kongresswahlen im vergangenen November nur 78 Prozent der evangelikalen Stimmen an republikanische Kandidaten.

Ob das Kalkül aufgeht, nach einem Blitzstart eine breite konservative Koalition zu schmieden, ist fraglich. Denn einige von Cruz' Botschaften laufen den erklärten Interessen des republikanischen Establishments zuwider. So ist er streng gegen jegliche Form einer Amnestie für illegal eingewanderte Lateinamerikaner. Er will die allgemeine Krankenversicherung mit Stumpf und Stil abschaffen und das Internal Revenue Service (IRS), also die US-Steuerbehörde, zusperren. „Meiner Meinung nach gibt es einen kraftvollen populistischen Instinkt, demzufolge man das Gebäude des IRS mit einem Schloss absperren und die 110.000 Beschäftigten des IRS an unsere Südgrenze schicken sollte“, ließ Cruz bei der jährlichen Konferenz konservativer Republikaner wissen. Später beeilte er sich zu erklären, er habe nur gescherzt. Präsidentielle Würde hat ihm das nicht unbedingt verliehen.

Ebenso wird ihm von parteieigenen Kritikern entgegengehalten, dass er im Budgetstreit vor einem Jahr mit seinem bedingungslosen Veto gegen Obamas Krankenversicherung die USA beinahe in die Zahlungsunfähigkeit gestürzt habe. Hillary Clinton, die voraussichtlich in den nächsten Wochen ihre Kandidatur für die Demokraten erklären wird, darf sich über Cruz' Kandidatur jedenfalls freuen. Seine Demagogie dürfte ihr die Unterstützung des linken Parteirandes sichern, der in der allgemeinen Wählerschaft ebenso wie der rechte Rand um Cruz nur eine kleine Minderheit darstellt, allerdings eine ebenso wichtige Rolle beim Wachrütteln der Parteibasis ist.

Würde bereits jetzt gewählt und stünden sich Cruz und Clinton gegenüber, hätte die Ex-Außenministerin laut Umfrage der Quinnipiac University in Connecticut mit 48 zu 38 Prozent die Nase vorn; keinen anderen Republikaner würde sie so deutlich schlagen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.03.2015)

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