Linke Randaliererszene rüstet zum Sturm auf Schloss Elmau

(c) REUTERS (KAI PFAFFENBACH)
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Der Linksextremismus will die deutsche Gesellschaft heuer wieder einmal so richtig aufschrecken. Die Planungen richten sich dabei auf den G7-Gipfel im Juni.

München/Wien. 2015 soll das Jahr werden, in der die extreme Linke in der Bundesrepublik Deutschland aufzeigt und wieder einmal so richtig auf die Pauke haut. Es gilt, die deutsche Gesellschaft aufzuschrecken und gleichzeitig neuen Anhang zu finden. München – Frankfurt – Elmau sind dabei die drei Stationen zur Mobilisierung und Forcierung der linksradikalen Bewegung in Deutschland.

Die erste Station, die Münchner Sicherheitskonferenz Anfang Februar, war freilich eher ein Rohrkrepierer. Ein paar tausend Demonstranten in der Münchner Innenstadt, ein paar müde, abgedroschene Parolen gegen die Nato, kaum Zwischenfälle – also ein eher lauer Auftakt zum linksradikalen Protestjahr. Frankfurt am 18. März, die Demo gegen die Eröffnung der neuen Zentrale der Europäischen Zentralbank, war da schon viel mehr nach dem Geschmack und der Zielsetzung der ultralinken Randaliererszene: 150 verletzte Polizisten, brennende Barrikaden, 55 beschädigte Fahrzeuge, zerstörte Haltestellen, eingeschlagene Schaufenster – insgesamt Schäden in Millionenhöhe. Das konnte sich schon sehen lassen.

Nach den Planungen der Szene am 7. und 8. Juni dann der Höhepunkt: der G7-Gipfel auf Schloss Elmau bei Garmisch-Partenkirchen, gut vier Kilometer von der österreichischen Grenze entfernt. Das Wüten der Demonstranten in Frankfurt am 18. März (übrigens haben sich auch zwei Dutzend Rechtsextremisten der Autonomen Nationalisten unter die linken Radaubrüder gemischt, es ging schließlich gegen gemeinsame Feinde – die EZB und die Polizei) hat die deutschen Sicherheitsbehörden noch mehr alarmiert.

Rund 15.000 Polizisten sollen Schloss Elmau absichern und die dort tagenden Staats- und Regierungschefs schützen. Möglich, dass vorübergehend wieder Grenzkontrollen eingeführt werden, wie die Deutsche Polizeigewerkschaft fordert. Möglich aber auch, dass sich der ganze Protest gegen die G7, den Neoliberalismus, Turbokapitalismus und die Globalisierung nach München verlagert, wenn es in Garmisch-Partenkirchen kein Durchkommen gegen die Sicherheitskräfte geben sollte.

Linke Gewalt wird ausgeblendet

Die Zahl der politisch links motivierten Gewalttaten in Deutschland ist nach offiziellen Angaben seit der Jahrtausendwende kontinuierlich gestiegen – von knapp 1200 (2001) auf 1700 (2013); darunter Körperverletzungen, Brandstiftungen, Sprengstoffdelikte. Stark zugenommen hat in den vergangenen Jahren auch die Konfrontationsgewalt zwischen Links- und Rechtsextremisten, wobei die Gewalt laut Behördenangaben meistens von den Linken ausging. Tatsache ist aber auch, dass in der öffentlichen Wahrnehmung Deutschlands die Bedrohung überwiegend aus der Ecke des Rechtsextremismus und des Islamismus kommt. Hingegen werden die Gewaltverherrlichung und die Demokratiefeindlichkeit der radikalen Linken – auch medial – viel weniger beachtet.

Polizisten als „Robocops“

Die Hanns-Seidel-Stiftung hat zuletzt in ihrem Bildungszentrum Kloster Banz dem politischen Extremismus in Deutschland eine Expertentagung gewidmet, wobei auch die Entwicklung der linksautonomen Szene näher beleuchtet wurde. Ein Mitarbeiter des niedersächsischen Innenministeriums, spezialisiert auf den Linksextremismus, berichtete da, dass derzeit die ganze Szene in Bewegung sei, „wobei schwer zu sagen ist, wohin die Reise gehen wird“.

Linksradikale Gruppen sind vielfach kurzlebig, es herrscht ein ständiges Kommen und Gehen. Außer dem Kampf gegen den Faschismus und für eine herrschaftslose Gesellschaft haben sie nur wenige thematische Schwerpunkte. Propagiert wird die Gegengewalt gegen den „bösen, gewalttätigen Staat“; Polizisten werden als „Robocops“ entmenschlicht, so soll Gewalt gegen sie enthemmt werden.

Trotzdem, es mangelt an Motivation und Nachwuchs, und es fehlen die Perspektiven. Die Linksextremisten brauchten also Erfolgserlebnisse, um die zentrifugalen Tendenzen in den eigenen Reihen aufzuhalten und die Bewegung neu zu orientieren. Deshalb auch die Konzentration auf spektakuläre Protestaktionen gegen politische Großereignisse. Von ihnen soll eine euphorisierende Wirkung auf potenzielle Sympathisanten ausgehen.

Aber droht als Zuspitzung aus der jetzigen linksradikalen Gewaltwelle möglicherweise sogar eine neue Phase des Linksterrorismus wie in den 1970er-Jahren (RAF-Terror)? Der Experte meint, Nein: „Voraussetzung dafür wären eine klare ideologische Zielsetzung, ein hoher Organisationsgrad und eine ausgeklügelte Zellenstruktur statt einer hierarchischen Kommandostruktur. All das sehe ich im Moment nicht in der deutschen Szene.“ Einzeltäter („einsame Wölfe“) wie im islamistischen und rechten Extremismus wiederum träten im Linksterrorismus bisher kaum in Erscheinung.

Wie auch immer die geplanten Großinszenierungen des Linksextremismus in diesem Jahr noch enden werden, an die feste und dauerhafte Etablierung des Linksextremismus in der deutschen Gesellschaft glaubt der Experte aus Hannover nicht: „Dafür sind die Selbstzerfleischungskräfte der Szene wohl zu ausgeprägt.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.04.2015)

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