Großbritannien: Labour bringt Tories ins Schwitzen

(c) REUTERS (PETER NICHOLLS)
  • Drucken

Die britischen Opposition will bei einem Wahlsieg bestehende Begünstigungen für Steuerausländer abschaffen.

London. In einem bisher eintönig verlaufenden Wahlkampf ist der britischen Opposition der erste Coup geglückt: Labour-Spitzenkandidat Ed Miliband kündigte an, bei einem Wahlsieg seiner Partei am 7. Mai die bestehenden Privilegien für Steuerausländer abschaffen zu wollen. „Diese Regelungen machen uns zu einer Steueroase und sind im 21. Jahrhundert nicht mehr zu rechtfertigen“, erklärte Ed Miliband.

Dorado für Oligarchen

Die Bestimmungen wurden 1799 geschaffen, um die britischen Kolonialhäuser zu stärken. Im Kern besagt das komplexe Regelwerk, dass ein Steuerausländer für Einkünfte, die er außerhalb des britischen Kernlandes bezieht, nicht abgabenpflichtig ist. Diese Bestimmung machte das Land zu einer attraktiven Destination für Oligarchen, Ölscheichs und andere Großverdiener, die ihre Steuerleistung möglichst gering halten wollen.

Zu den prominentesten Vertretern gehören der russische Oligarch Roman Abramowitsch oder der indische Stahlmagnat Lakshmi Mittal. Insgesamt gibt es derzeit 116.000 Menschen mit einem entsprechenden Steuerstatus in Großbritannien. Sie müssen eine jährliche Einmalzahlung von bis zu 90.000 Pfund nach Dauer ihres Aufenthalts an den Fiskus entrichten, um ihr Privileg weiter in Anspruch nehmen zu können. Für alle Einkünfte, die sie in Großbritannien beziehen, zahlen sie Steuern wie alle anderen Bürger.

Seit Jahren spielen Regierungen mit der Idee, diesen „Non-Dom“-Status abzuschaffen. Die Labour-Regierungen unter Tony Blair und Gordon Brown scheuten aber davor zurück – aus Angst, als „wirtschaftsfeindlich“ gebrandmarkt zu werden. Eben diesen Vorwurf erhoben die regierenden Konservativen: „Wieder einmal zeigt die Labour Party ihre feindselige Haltung zur Wirtschaft“, sagte der Londoner Bürgermeister Boris Johnson.

Miliband versprach in seiner Rede, die Änderung des Steuerrechts werde dafür sorgen, dass es „nicht länger eine Regel für die wenigen und eine andere Regel für die vielen gibt“. Schatten-Schatzkanzler Ed Balls trat Befürchtungen gegen eine Abwanderung von finanzstarken Ausländern und einer Schwächung des Finanzzentrums London gewohnt robust entgegen und erklärte, die Vereinheitlichung des Steuerrechts mit einem Höchstsatz von 50 Prozent werde „hunderte Millionen Pfund“ in die Staatskassen spülen.

Peinliches Labourvideo

Peinlich nur, dass die alarmierten Tories ein Video aus dem Jänner auftrieben, in dem Balls sagte, die Abschaffung des Non-Dom-Status würde „hunderte Millionen Pfund kosten“. Angesichts der schweren Lasten, die Großbritanniens Bürger in den vergangenen Jahren zu schultern hatten, ist das Manöver Labours dennoch überaus geschickt, da es die Konservativen als Partei der Reichen und Privilegierten darstellt. Zu den größten Sponsoren der Tories gehören zahlreiche Non-Doms.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.04.2015)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Außenpolitik

Cameron und Miliband Kopf an Kopf

Vor der britischen Parlamentswahl am 7. Mai liegen die Konservativen und die Labour Party gleichauf. Kleinparteien könnten zum Zünglein an der Waage werden.
Außenpolitik

Großbritannien: David Cameron plant bereits seinen Abgang

Der Premier schließt eine dritte Amtszeit aus - bevor er überhaupt zum zweiten Mal gewählt worden ist. Mit der Ankündigung macht sich Cameron zur "lame duck".
David Cameron kündigt mehr Rechte für Schottland an.
Außenpolitik

Cameron schließt neues Unabhängigkeitsreferendum Schottlands aus

Referendum werde es kein weiteres geben, Schottland erhält aber mehr Rechte.
Außenpolitik

EU erwartet harte Gespräche mit London

Der nun allein regierende David Cameron schickt Finanzminister George Osborne nach Brüssel und Berlin. Er soll den Weg zu Reformen der EU so rasch wie möglich ebnen.
Außenpolitik

Es ist ein konservatives Land

Was der überraschend deutliche Sieg der britischen Tories bei den Parlamentswahlen über das Land verrät – und wie Premierminister David Cameron die nächsten fünf Jahre regieren wird.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.