Foto fürs Geschichtsbuch: Barack Obama schüttelt Raúl Castro die Hand

Der US-Präsident und der Staatschef Kubas haben sich zum Auftakt des Amerika-Gipfels begrüßt. Die Menschenrechtsverletzungen in Kuba werden freilich trotzdem nicht über Nacht verschwinden.

Panama-Stadt. So endet ein halbes Jahrhundert Erzfeindschaft. Und am Ende war der „historische Handshake“ gar nicht einmal so spektakulär: Mitten im Gedränge zum Auftakt des Amerika-Gipfels in Panama standen sich US-Präsident Barack Obama und Kubas Staatschef Raúl Castro am Freitagabend plötzlich gegenüber und schüttelten sich die Hand. Auch ein paar kurze Worte sollen sie gewechselt haben.

Gestern, Samstag, sollte dem dann ein erstes direktes politisches Gespräch folgen, dem historische Bedeutung beigemessen wird. Die Begegnung der beiden Staatschefs markiert eine Zäsur in den US-kubanischen Beziehungen. Es ist das erste Mal seit dem Höhepunkt des Kalten Krieges, dass die Präsidenten beider Staaten über eine Normalisierung des Verhältnisses verhandeln. Zuletzt fand ein offizielles Treffen der Staatsoberhäupter 1956 statt. Zu einer ersten flüchtigen Begegnung Obamas und Castros ist es schon Ende 2013 gekommen: Bei der Trauerfeier für den früheren südafrikanischen Präsidenten Nelson Mandela schüttelten sich die beiden bereits einmal kurz die Hand. Ein Jahr später vereinbarten sie in einem Telefonat eine Annäherung zwischen den USA und Kuba. Seit Beginn der Verhandlungen im Jänner ist bereits eine Reihe von Reise- und Handelserleichterungen in Kraft getreten.


Zeit der „Einmischung“ vorbei. Der jetzige Gipfel in Panama habe eine „besondere Dimension“, sagte José Miguel Insulza, der Generalsekretär der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS). Zum ersten Mal seien die Staats- und Regierungschefs aller 35 Länder angereist. Ein Knackpunkt in den Verhandlungen zwischen den USA und Kuba ist die Streichung Kubas von der US-Liste der Unterstützerstaaten des Terrorismus. Das US-Außenministerium soll selbige schon empfohlen haben.

Für Verstimmung bei den Kubanern dürfte gesorgt haben, dass sich Obama am Freitag kurz vor Beginn des Gipfels in Panama-Stadt mit kubanischen Dissidenten traf. In einer Rede vor zivilgesellschaftlichen Gruppen versicherte er, dass die Zeiten der „Einmischung“ Washingtons in Lateinamerika vorüber seien.

Das schwerste Stück Arbeit steht Obama, dem es um einen außenpolitischen Erfolg in seinem Lebenswerk geht, dabei noch bevor. Noch ist völlig unklar, ob, wann und inwieweit die Sanktionen aufgehoben werden, mit denen die USA den Karibikstaat jahrzehntelang aushungern wollten. Und: Es werde „weiter Differenzen geben“, sagte Obamas Berater, Ben Rhodes. Auch die Menschenrechtsverletzungen in Kuba werden wohl nicht über Nacht verschwinden, heißt es in Washington – und die USA dazu nicht schweigen.


Máximo Líder fehlt. Die Erwartungen der Kubaner sind jedenfalls groß. Nach Jahrzehnten wirtschaftlicher Dauermisere hoffen jetzt viele auf den Segen des amerikanischen Geldes, die ersten Investoren sind längst im Land. Die Annäherung an die USA sei „eine große Chance“, glaubt etwa der kubanische Ökonom und Politologe Esteban Morales. „Wenn die Regierung gut damit umgeht, können wir davon profitieren.“ Doch auch Misstrauen und Skepsis seien in dem sozialistischen Land groß.

Wer in Panama fehlte, war der Máximo Líder: Fidel Castro ist 88 Jahre alt und schwer krank. Immerhin: Vorige Woche soll er sich nach 14 Monaten erstmals wieder gezeigt haben – beim Besuch einer Schule.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.04.2015)

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