Völkermord-Gedenken: Fischer reist nicht nach Armenien

Bundespräsident Heinz Fischer
Bundespräsident Heinz FischerAPA/EPA/ODD ANDERSEN
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Der Bundespräsident nimmt "aus Termingründen" nicht am Gedenken am 24. April teil. Botschafter Alois Kraut vertritt Österreich in Eriwan.

Bundespräsident Heinz Fischer reist trotz Einladung nicht zum zentralen Gedenken an den Völkermord an den Armeniern vor 100 Jahren. Dieses findet am 24. April in der armenischen Hauptstadt Eriwan statt. Die Präsidentschaftskanzlei begründete das Fernbleiben des Staatsoberhauptes am Dienstag mit "Termingründen". Vertreten wird Fischer demnach der für Armenien zuständige, mangels Botschaft an Ort und Stelle aber in Wien ansässige Botschafter Alois Kraut. Auch der SPÖ-Nationalratsabgeordnete Hannes Weninger wird Österreich repräsentieren.

Laut der armenischen Botschaft in Wien haben sich neben Wladimir Putin aus Russland auch mehrere Staatspräsidenten aus EU-Ländern angekündigt, darunter Francois Hollande aus Frankreich sowie die Staatsoberhäupter Griechenlands, Zyperns sowie Serbiens.

Kirakossian: Parlament soll Völkermord anerkennen

Gefragt, ob man in Armenien enttäuscht sei, dass Fischer (er hatte 2012 die Völkermord-Gedenkstätte in Eriwan aufgesucht) nicht komme, betonte der armenische Botschafter in Wien, Arman Kirakossian: "Es gibt jedes Jahr Gedenkfeiern, heuer ist es aber etwas ganz Besonderes, weil es 100 Jahre her ist. Natürlich erwarten wir, dass andere Länder das Gedenken an den Völkermord würdigen."

Kirakossian erhofft sich zum 100. Jahrestag auch eine Geste des österreichischen Nationalrats, immerhin betrachte Armenien Österreich als befreundetes Land: "Wir mischen uns nicht in die österreichische Politik ein. Wir respektieren die guten Beziehungen Österreichs zur Türkei und haben Verständnis dafür, dass in Österreich viele Türkischstämmige leben, aber wir würden uns schon vom österreichischen Parlament wünschen, dass es den Völkermord an den Armeniern anerkennt", sagte der Botschafter. "Diese Anerkennung ist auch wegen der Leugnung durch die türkische Seite so wichtig."

An allererster Stelle aber erwarte man sich von der Türkei die Anerkennung des Völkermords. "Das würde alles verändern." Zudem erhoffe man sich die Öffnung der seit 1993 geschlossenen Grenzen zu Armenien und den Aufbau diplomatischer Beziehungen. Die Völkermord-Frage könnte nach Ansicht Kirakossians in einer ersten Phase der Annäherung zwischen Ankara und Eriwan auch ausgeklammert werden. "Wir wollen vor allem die Öffnung der Grenzen, den Aufbau diplomatischer Beziehungen und den Beginn einer Zusammenarbeit auf verschiedenen Feldern - das könnte dann zu einer Versöhnung führen."

Völkermord an den Armeniern

Am 24. April 1915 begann die damalige Regierung des Osmanischen Reiches mit der Verhaftung der Armenier. In der Folgezeit fielen nach armenischen Angaben bis zu 1,5 Millionen Angehörige der Minderheit einem Völkermord zum Opfer. Die Türkei als Rechtsnachfolgerin des Osmanischen Reiches weist diesen Begriff entgegen der Meinung eines Großteils der Historiker zurück und setzt die Zahl der Opfer deutlich niedriger an.

Die UNO-Menschenrechtskommission und das Europaparlament haben die Gräueltaten als Völkermord eingestuft. Entsprechende Resolutionen verabschiedeten auch mehr als 20 Einzelstaaten, darunter Belgien, Schweden und Frankreich. Österreich und Deutschland sind nicht darunter. Österreich-Ungarn und das Deutsche Kaiserreich waren im Ersten Weltkrieg mit dem Osmanischen Reich verbündet. In Berlin und Wien wusste man über die Massaker und Vertreibungen Bescheid, ohne dagegen einzuschreiten.

(APA)

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