Türkische Medien: Gaucks Armenien-Rede "schockierend"

Der deutsche Präsident Joachim Gauck erhält für seine Rede im Berliner Dom viel Kritik aus Berlin.
Der deutsche Präsident Joachim Gauck erhält für seine Rede im Berliner Dom viel Kritik aus Berlin.(c) REUTERS
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Die regierungsfreundlichen Medien schießen scharf gegen den deutschen Präsidenten, der die Massaker vor 100 Jahren als Völkermord bezeichnet hatte.

Mit teils scharfer Kritik haben türkischeMedien auf die Rede des deutschen Bundespräsidenten Joachim Gauck zum Völkermord an den Armeniern reagiert. Gaucks Äußerungen seien "schockierend" gewesen, schrieb die Online-Ausgabe der Zeitung "Hürriyet" am Freitag. Die regierungsnahe Zeitung "Sabah" warf Gauck, der von Völkermord gesprochen hate, vor, das Osmanische Reich mit "hässlichen Worten" beschrieben zu haben.

Beim ebenfalls regierungsfreundlichen Blatt "Yeni Safak" hieß es, Gauck habe mit seiner Rede seine Befugnisse überschritten. Die Zeitung "Star" kommentierte, der deutsche Präsident habe die Osmanen beinahe als Terroristen bezeichnet.

Gauck fiel schon einmal in der Türkei auf

Von der türkischen Regierung lag zunächst keine Reaktion auf Gaucks Ansprache vor. Kritik an demokratischen Defiziten in der Türkei hatten Gauck im vergangenen Jahr während eines Besuchs in dem EU-Bewerberland heftige Kritik der Regierung eingebracht.

Der Beginn der Massaker an den Armeniern im Osmanischen Reich am 24. April 1915 jährt sich am heutigen Freitag zum hundertsten Mal. Gauck hatte in seiner Rede im Berliner Dom am Vorabend die Massaker als "Völkermord" benannt.

Der Bundespräsident sprach von einer "genozidalen Dynamik, der das armenische Volk zum Opfer fiel", und von "geplanten und systematischen Mordaktionen". Gauck stellte sich damit gegen die Haltung der Türkei, die den Begriff des Völkermords entgegen aller historischer Belege zurückweist.

Obama bleibt bei Umschreibungen

Weniger deutlich in seinen Äußerungen zum 100. Jahrestag des Völkermords an den Armeniern im Osmanischen Reich war US-Präsident Barack Obama: "Die Armenier des Osmanischen Reichs wurden deportiert, massakriert und marschierten in den Tod, ihre Kultur und ihr Erbe in ihrer alten Heimat wurden ausgelöscht", erklärte Obama am Donnerstag.

"Inmitten entsetzlicher Gewalt, die auf allen Seiten Leid verursachte, kamen eineinhalb Millionen Armenier ums Leben", hieß es weiter. Armenien gedenkt heute der Massaker der Jahre 1915 bis 1917 am Freitag in der Hauptstadt Eriwan, von US-Seite wird Finanzminister Jack Lew erwartet. Nach armenischer Schätzung starben damals etwa 1,5 Millionen Menschen. Die Türkei lehnt entgegen der Meinung eines Großteils der Historiker eine Einstufung der Massaker als Völkermord ab.

Im US-Kongress wurde im März eine Resolution vorgelegt, die Obama zur offiziellen Anerkennung des Völkermords aufrief. Im Wahlkampf des Jahres 2008 hatte dieser den Begriff noch genutzt. Am Donnerstag erklärte er, sein Standpunkt habe sich "nicht geändert".

(APA/AFP)

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