Vor einem Jahr wurde der Blogger Badawi zu 1000 Stockschlägen verurteilt. Die weltweite Kritik beeindruckte Riad bisher kaum.
Kairo/Riad. Drei Jahre ist der 31-jährige Blogger Raif Badawi nun schon hinter Gittern, weil er in seinem Online-Forum „Saudische Liberale“ erzkonservative Kleriker und das Treiben der Religionspolizei kritisiert hat. Vor genau einem Jahr wurde die Strafe noch einmal verschärft – auf zehn Jahre Haft, 1000 Stockschläge und umgerechnet 200.000 Euro Geldbuße. Seine Frau, Ensaf Haidar, die mit ihren drei Kindern inzwischen in Kanada Asyl hat, forderte am Donnerstag erneut, ihren Mann zu begnadigen.
Die ersten 50 Hiebe waren ihm am 9.Jänner öffentlich in Jiddah verabreicht worden. In vielen Hauptstädten wurden danach saudische Diplomaten einbestellt. In Wien drohte Kanzler Faymann zeitweise mit der Schließung des umstrittenen König-Abdullah-Zentrums für interreligiösen und interkulturellen Dialog, weil es zu dem Fall Badawi nicht Stellung beziehen wollte. Die Führung in Riad ist jedoch kaum beeindruckt von der weltweiten Empörung. Zwar sind weitere öffentliche Prügeltermine vorerst gestoppt. Bei der Großamnestie nach der Inthronisierung von König Salman im Jänner wurde keiner der zahlreichen inhaftierten Bürgerrechtler und Regimekritiker berücksichtigt. Lediglich Raif Badawis Cyberkollegin Suad al-Shammari kam nach drei Monaten Untersuchungshaft frei. Dagegen verlegte die Justiz Badawis Anwalt Waleed abu al-Khair, der unter windigen Anschuldigungen zu 15 Jahren Haft verurteilt ist, in ein 800 Kilometer von seiner Familie entferntes Gefängnis.
Der kompromisslose Kurs ist das Werk von Innenminister Mohammed bin Nayef. Seit vergangener Woche ist der 55-Jährige nun selbst der neue starke Mann Saudiarabiens. Er soll im Inneren für Ruhe sorgen. (m.g.)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.05.2015)