G36-Affäre: Deutsches Militär sollte Journalisten bespitzeln

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GERMANY DEFENCE ASSAULT RIFFLE(c) APA/EPA/BERND WEISSBROD
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Der Rüstungskonzern Heckler & Koch versuchte, kritische Berichterstattung über Sturmgewehre zu unterbinden.

Berlin. Das Sturmgewehr G36 des baden-württembergischen Herstellers Heckler & Koch hat derzeit wahrlich keine gute Publicity. Erst kürzlich hat die deutsche Verteidigungsministerin, Ursula von der Leyen (CDU), einräumen müssen, dass das Gewehr „Präzisionsprobleme“ während der Erwärmung haben könnte – ein Vorwurf, der bereits länger im Raum gestanden ist. Der Hersteller stritt etwaige Probleme ab und war offenbar auch bereit, die kritische Berichterstattung zu drosseln, wie nun bekannt wurde.

Medienberichten zufolge hat Heckler & Koch mit dem Verteidigungsministerium im Jahr 2013 erwogen, den internen Militärischen Abschirmdienst (MAD) einzuschalten, um jene Personen auszumachen, die den Journalisten Informationen haben zukommen lassen. Auch die Journalisten selbst sollten beobachtet werden. Die Idee wurde verworfen, weil sich der MAD in der Sache nicht zuständig sah. Unterdessen hat von der Leyen die Ausspäh-Initiative bestätigt, der MAD habe aber das „absurde Ansinnen“ konsequenterweise abgelehnt.

Dennoch steht die Ministerin unter Kritik, da ihr Ressort bereits frühzeitig von dem Plan erfahren habe, wie es im Nachrichtenmagazin „Spiegel“ heißt. Einige der Initiatoren sind weiterhin im Ministerium tätig, wiewohl sie versetzt wurden. Die neuen Enthüllungen werden vermutlich die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zur G36-Affäre beschleunigen. Die Ministerin will das Gewehr bald ausmustern, über einen möglichen Defekt wurde aber bereits unter ihrem Vorgänger Thomas de Maizière spekuliert. (duö)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.05.2015)

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