EVP hält an Kooperation mit Orbán fest

Hungarian Prime Minister Orban arrives to attend a debate on the situation in Hungary at the European Parliament in Strasbourg
Hungarian Prime Minister Orban arrives to attend a debate on the situation in Hungary at the European Parliament in Strasbourg(c) REUTERS (VINCENT KESSLER)
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Trotz seines Festhaltens an Äußerungen zur Todesstrafe und Aussagen zum Ende der liberalen Demokratie stellt sich der Fraktionschef der Europäischen Volkspartei hinter Viktor Orbán.

Straßburg. Die Europäische Volkspartei (EVP) hält an einer Kooperation mit dem ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán und seiner Partei Fidesz fest. EVP-Fraktionschef Manfred Weber stellte im Gespräch mit der „Presse“ klar, dass Orbán die „Demokratie nicht in Frage gestellt“ habe. Obwohl es im Europaparlament am Dienstagabend Aufregung um ein Festhalten des ungarischen Premiers an einer Debatte zur Todesstrafe gab, sieht die EVP-Führung keinen Anlass, über einen Ausschluss von Orbáns Fidesz nachzudenken. Weber wies lediglich darauf hin, dass Europa keine Diskussion über die Todesstrafe brauche. „Die EVP wackelt nicht in den Grundprinzipien. Ich bin Orbán dankbar, dass er klargestellt hat, dass es in Ungarn keine Initiative in diese Richtung gibt.“

Der ungarische Regierungschef hatte allerdings kurz davor auch in Sachen Todesstrafe auf Meinungsfreiheit gedrängt. „Wer uns vorschreiben will, worüber wir in Ungarn sprechen dürfen, verletzt den Gründungsvertrag der EU“, spielte er den Ball an den Vizepräsidenten der EU-Kommission, Frans Timmermans, zurück. Dieser hatte zuvor erklärt, bei einer Wiedereinführung der Todesstrafe würde ein EU-Land einen weitreichenden Sanktionsmechanismus nach Artikel 7 des EU-Vertrags erhalten. Dabei werde er, Timmermans, „keine Sekunde zögern“. Orbán betonte in seiner Rede vor den Abgeordneten, es müsse möglich sein, über das Thema Todesstrafe zu sprechen. Und zu den EU-Verträgen: „Es sind keine göttlichen Gebote enthalten, sondern die Verträge sind von Menschen beschlossen und können geändert werden. Das ist die Freiheit der Demokratie.“

Nach Orbáns Rede, in der er daran festgehalten hatte, dass die liberale Demokratie am Ende sei und er sich keine Migrationspolitik von Brüssel aufzwingen lasse, wurde die EVP von anderen Fraktionen erneut gedrängt, die Fidesz aus der Parteienfamilie auszuschließen. Fraktionschef Weber verschwieg nicht, dass es auch innerhalb der Volkspartei Widerstand gebe. „In den Formulierungen steckt viel Sprengstoff, der vielen bei der EVP nicht gefällt“. Der Vorsitzende der Sozialdemokraten Gianni Pittella sagte, Ungarns Ministerpräsident sei mit seinen Aussagen „wirklich über einen würdigen Rahmen hinausgegangen“.

Auch die grüne Vizepräsidentin des Europaparlaments, Ulrike Lunacek, kritisierte die folgenlosen Äußerungen: „Und schon wieder Viktor Orbán im Europaparlament – und schon wieder schließt die EVP die Reihen, und schon wieder wird versucht, diese Debatte als eine Links-Rechts-Auseinandersetzung zu bagatellisieren, und schon wieder legitimiert Orbán seine verhetzende Politik mit dem Recht auf Meinungs- und Gedankenfreiheit, und leider wieder wird Orbán in Ungarn mit seiner Brandstifter-Politik durchkommen.“

FPÖ würde Fidesz Asyl gewähren

Unterstützung für den Regierungschef aus Budapest, der sich bei seiner Rede auch gegen eine Quotenregelung zur Aufteilung von Flüchtlingen äußerte, kam von rechten Politikern. Der freiheitliche EU-Abgeordnete Georg Mayer sprach von einer „rein ideologischen Debatte“ von Linken im EU-Parlament gegen die Regierung in Ungarn.

Orbán habe die angebliche Wiedereinführung der Todesstrafe „nie geplant“. Den im Europaparlament sitzenden Abgeordneten der Orbán-Partei Fidesz, die Mitglied der EVP sind, würde Mayer „gern Asyl gewähren“. (la, wb, ag.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.05.2015)

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