Abdullah-Zentrum: Badawi und das wütende Königshaus

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GERMANY AMNESTY INTERNATINOAL MEETING(c) APA/EPA/ARNO BURGI (ARNO BURGI)
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Saudiarabien reagiert scharf auf Kritik an der Bestätigung der Prügelstrafe für den liberalen Blogger. Ruhig bleibt es am Dialogzentrum in Wien. Selbst das Kanzleramt hält sich zurück.

Wien. Die Grünen lassen nicht ab von dem Thema. Am Donnerstagabend hielt die Abgeordnete Alev Korun mit Gleichgesinnten eine Mahnwache vor der saudiarabischen Botschaft im Döblinger Villenviertel ab, tags darauf postierte sich die Gruppe, diesmal angeführt von Parteichefin Eva Glawischnig, vor dem König-Abdullah-Zentrum für interkulturellen und interreligiösen Dialog im Palais Sturany, um für die Freilassung Raif Badawis zu protestieren. Der Fall ist wieder heiß. Am Sonntag hatte das Höchstgericht in Riad das Urteil gegen den saudiarabischen Blogger bestätigt: 1000 Peitschenhiebe, zehn Jahre Haft und über 200.000 Euro Geldstrafe.

Befürchtungen, die nächsten 50 öffentlichen Schläge könnten dem Aktivisten schon sehr rasch blühen, traten jedenfalls vorerst nicht ein. Badawi wurde am Freitag nach dem Mittagsgebet nicht ausgepeitscht.

Umso schärfer fiel dagegen die Reaktion Riads auf die internationale Kritik aus, die nach der Bestätigung des Urteils erneut anhob. Eine „offizielle Quelle“ im Außenministerium verurteilte am Donnerstag in einer knappen Mitteilung der saudischen Presseagentur SPA die Äußerungen „von einigen Ländern und internationalen Organisationen“ im Fall Badawi. Die Justiz des Königreichs sei unabhängig und akzeptiere keinerlei Einmischung in innere Angelegenheiten.

Scharfes Schreiben ans EU-Parlament

Wie pikiert die Saudis auf Zurufe von außen reagieren, wird auch in einem Brief deutlich, den die Botschaft des Königreichs in Brüssel am 29. Mai an 130 Mitglieder des Europaparlaments richtete, die ein paar Wochen davor den neuen König Salman zur Freilassung politischer Gefangener wie Badawi aufgefordert hatten. „Saudiarabien lehnt jegliche Belehrungen im Namen der Menschenrechte ab“, heißt es in dem Statement, das der „Presse“ vorliegt. Bedauerlicherweise hätten „einige internationale Parteien und Medien“ die Prinzipien der Menschenrechte ausgehöhlt und versuchten sie zu politisieren.

In einem erklärenden Statement wird auf vier Seiten ausgebreitet, warum Raif Badawi verurteilt worden sei. So habe er sich „IT-Verbrechen“ schuldig gemacht, die der öffentlichen Ordnung schadeten und sich über die Grundlagen der Religion lustig gemacht. Zudem habe er gesellschaftlichen Konflikt geschürt, seine Übergriffe auf Religion und Gesellschaft im Internet verbreitet und seinem Vater Ungehorsam entgegengebracht.

Unmittelbar nach der Bestätigung des Urteils vor einer Woche hatte Österreichs Außenminister Sebastian Kurz den Schritt als „Unrecht“ verurteilt und angekündigt, weiter auf eine Begnadigung zu drängen.

„Unterstützen Menschenrechte“

Das Abdullah-Zentrum, das sich künftig mehr zu Menschenrechtsfragen äußern soll, geht auf den Fall in einem Statement auf „Presse“-Anfrage dagegen nicht direkt ein: Das Zentrum weise alle Formen der Gewalt zurück, einschließlich jener, die im Namen der Religion verübt werde. Es unterstützte die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte und vertrete nicht irgendeinen Staat – weder Österreich, Spanien oder Saudiarabien noch den Heiligen Stuhl.

Auffällig zurückhaltend war auch das SP-Kanzleramt, das vor ein paar Monaten wegen des Falls Badawi die Schließung des Abdullah-Zentrums gefordert hatte. Kanzleramtsminister Josef Ostermayer will das Thema auf kleiner Flamme halten. Man wollte zunächst keine Stellungnahme abgeben, um der Neuaufstellung des Dialogzentrums eine Chance zu geben. Vor ein paar Monaten noch hatte das anders geklungen. Das Beharren auf Schweigen sei das Gegenteil von Dialog, hatte Ostermayer den Verantwortlichen in der Organisation ausgerichtet.

Eine Spitzenposition ist dort derweil noch offen: die Nachfolge für die zurückgetretene Vizechefin, Ex-Justizministerin Claudia Bandion-Ortner. Eine Entscheidung soll nicht vor Herbst fallen, heißt es im Außenministerium. Es sei durchaus möglich, dass die Wahl auf einen Spanier fallen werde.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.06.2015)

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