USA bereiten Aufrüstung in Osteuropa vor

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Das Pentagon überlegt die Stationierung von schwerem Kriegsgerät bei den Nato-Partnern, um Russland von einer weiteren Aggression abzuhalten. Polen und die baltischen Länder rüsten zudem selbst auf.

Washington/Wien. Die Ukraine-Krise hat ein Wettrüsten in Osteuropa ausgelöst. Erstmals seit dem Ende des Kalten Krieges überlegt das Pentagon, schwere Waffen und Infanterie-Kampffahrzeuge in den jüngeren Nato-Mitgliedstaaten zu stationieren. Wie die „New York Times“ berichtet hat, soll mit der Verlegung ein Signal an Russland gesandt werden, keine weitere Aggression zu riskieren. In Osteuropa und dem Baltikum sollen schwere Waffen für insgesamt bis zu 5000 US-Soldaten gelagert werden. In Polen, Rumänien, Bulgarien und möglicherweise auch Ungarn könnte damit ein Kampfpotenzial von je 750 Soldaten vorsorglich ausgerüstet werden, in den baltischen Ländern stünde Material für je rund 150 Soldaten bereit. Als Zwischenschritt sollen die US-Militärstützpunkte im Süden Deutschlands das zusätzliche Kriegsgerät lagern.

Bisher handelt es sich lediglich um einen Vorschlag, der noch nicht mit dem Weißen Haus abgestimmt wurde. Laut der „New York Times“ gebe es außerdem noch politische Hürden, da die Maßnahme Besorgnis bei einzelnen Nato-Verbündeten ausgelöst habe. Einige Regierungen fürchten eine weitere Verschlechterung der Beziehungen mit Russland. Auch wird darauf verwiesen, dass die Stationierung als Vertragsbruch ausgelegt werden könnte. In einem 1997 geschlossenen Abkommen zwischen der Nato und Moskau wurde vereinbart, dass der Westen keine „dauerhafte Stationierung von zusätzlichen Bodentruppen“ in den Nachbarländern Russlands vornimmt.

Polen bestätigt Vorbereitungen

Polens Verteidigungsminister, Tomasz Siemoniak, bestätigte allerdings am Wochenende, dass sein Land mit Washington über die Stationierung schwerer Waffen verhandle. Er habe die Pläne bereits bei seinem USA-Besuch vor vier Wochen mit seinem Amtskollegen Ashton Carter erörtert, sagte Siemoniak der polnischen Nachrichtenagentur PAP. Sein Land setze sich schon seit Langem für eine stärkere Präsenz des US-Militärs in Osteuropa ein.

Die osteuropäischen Länder fühlen sich von Russland, das in jüngster Zeit mehrfach im grenznahen Gebiet militärische Übungen durchgeführt hatte, zunehmend bedroht. Bereits beim Nato-Gipfel in Wales im September 2014 wurde deshalb der Aufbau einer schnellen Eingreiftruppe beschlossen, die innerhalb von wenigen Tagen in Krisengebiete verlegt werden kann. Die Pläne zur Stationierung des schweren Kampfgeräts dürfte mit dieser Very High Readiness Joint Task Force (VJTF) in Zusammenhang stehen. Die Truppe, so der damalige Plan, soll insgesamt 5000 Soldaten umfassen. Hinzu kommen können Unterstützungskräfte sowie Luft-, See- und Spezialeinheiten.

Die meisten osteuropäischen Länder haben laut einem im Frühjahr veröffentlichten Bericht des Stockholmer Friedensforschungsinstituts Sipri bereits selbst mit der Aufrüstung ihrer Armeen begonnen. Polen steigerte seine Rüstungsausgaben 2014 um 13 Prozent und kaufte damit 32 neue Kampf- und 70 Transporthubschrauber, 97 Drohnen, 20 Luftabwehreinheiten und zahlreiche Panzer. Dieses Jahr soll das Budget laut Sipri um weitere 20 Prozent erhöht werden. Ähnlich ist die Lage in Litauen, Lettland und Estland. Die baltischen Länder investieren deutlich mehr in ihre Armeen als in den vergangenen Jahren. Die Ukraine hat ebenfalls massiv aufgerüstet. Im vergangenen Jahr stiegen die Rüstungsausgaben um 23Prozent. Aber auch Russland kauft neues Kriegsgerät. 2014 stieg der Rüstungsetat um 8,1 Prozent, für dieses Jahr rechnet Sipri trotz der wirtschaftlich angespannten Lage mit einem Plus von weiteren 15 Prozent. (ag./wb)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.06.2015)

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