Die Rockefellers arbeiten seit 14 Jahren an jenem Iran-Abkommen, das nun vor dem Abschluss steht.
Washington. Woran das Abkommen mit dem Iran über das tatsächliche Ende seiner Atombombenpläne scheitern könnte, ist bekannt. Der Kongress in Washington kann binnen 60 Tagen ab Vorlage eines Vertragstextes Ja oder Nein sagen. Die Iraner drängen, von Russland unterstützt, auf die Aufhebung des vor Jahren von den Vereinten Nationen verhängten Waffenembargos; weder Demokraten noch Republikaner wollen das, denn sie fürchten, dass der Iran mit modernen Waffen ausgerüstet seine regionale Vormachtstellung im Orient weiter verstärken könnte. Und ob der islamische Führer, Ajatollah Ali Khamenei, eine Übereinkunft mit dem Westen absegnet, weiß nur er selbst; noch am Sonntagabend bedachte er den Erzfeind USA mit der Schmähung als „Verkörperung globaler Arroganz“.
Doch jenseits dieser Kräfte, die der Beseitigung des Risikos eines nuklearen Wettrüstens im Nahen Osten entgegenwirken, gibt es eine öffentlich kaum beachtete Allianz diskreter Friedensstifter, die seit eineinhalb Jahrzehnten hinter den Kulissen auf eine Einigung hinarbeiten.
9/11 als Auslöser
Diese Initiative begann Ende 2001, nach den Anschlägen der Terrororganisation al-Qaida auf amerikanischem Boden, wie die Nachrichtenagentur Bloomberg News dieser Tage ausführlich darlegt. Stephen Heintz, der Präsident der Rockefeller-Familienstiftung, lud zu einem Treffen im Pocantico-Center der einst im Ölgeschäft reich gewordenen Dynastie nördlich von New York ein. Man wollte sich dort neue Wege im Umgang mit der islamischen Welt überlegen – zu einer Zeit, in der die Regierung unter Präsident George W. Bush die al-Qaida-Führung und ihre radikalislamistischen Gastgeber von den Taliban in Afghanistan bombardierte und im Geheimen bereits Einmarschpläne für den Irak schmiedete. Einer der Diskutanten in Pocantico war Seyyed Hossein Nasr, ein amerikanisch-iranischer Politikwissenschaftler von der George Washington University in der US-Hauptstadt. „Er brachte mich dazu, mehr und mehr über den Iran, seine geostrategische Bedeutung und seine Beziehung zur sunnitischen Welt nachzudenken“, sagte Heintz.
Schlüsselspieler Javad Zarif
So beschlossen die Rockefellers, das Iran Project ins Leben zu rufen, gemeinsam mit der United Nations Association in the U.S., einer Nichtregierungsorganisation unter der Führung des früheren amerikanischen Diplomaten William Luers. Luers knüpfte den Kontakt zu Javad Zarif, dem damaligen iranischen UN-Botschafter in New York, der heute Außenminister und Teherans Chefverhandler ist. Der unter anderem in den USA ausgebildete Zarif und die Aktivisten des Iran Project – frühere US-Diplomaten, die unter demokratischen und republikanischen Regierungen gearbeitet hatten – wurde über die Jahre zum Schlüsselspieler im Aufbau vertrauensvoller Gesprächskanäle zwischen dem Weißen Haus und Teheran. Über das Iran Project konnte Zarif Botschaften an die Kabinette sowohl von George W. Bush als auch Barack Obama übermitteln, ohne den Zorn der Reaktionäre in Teheran oder der Israel-Lobbyorganisation Aipac in Washington zu erwecken.
Man traf sich in Teheran, in Stockholm, an anderen europäischen Orten. Nach der Wahl des antiwestlichen und judenfeindlichen Demagogen Mahmoud Ahmadinejad zum iranischen Präsident fand diese Privatdiplomatie ab 2005 für acht Jahre ihr Ende. Nach Ende von dessen Amtszeit jedoch ging es flott voran. William Burns, damals Vize-US-Außenminister, schuf mithilfe des Iran Project 2013 während geheimer Gespräche jenes provisorische Nuklearabkommen, das die Tür zu einer möglichen dauerhaften Lösung öffnete. 4,3 Millionen Dollar nahmen die Rockefellers für das Iran Project in die Hand: eine kleine Investition, der eine große Friedensdividende folgen könnte.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.07.2015)