Streitfall Piran: Kroatien steigt aus Schiedsverfahren aus

Zagreb nimmt die Indiskretion eines slowenischen Schiedsrichters zum Anlass, um aus dem ungeliebten Verfahren auszusteigen, das eine gerechte Lösung des Grenzstreits bringen soll.

Knalleffekt im jahrelangen Streit um die Bucht von Piran zwischen Kroatien und Slowenien: Kroatien steigt aus dem Schiedsverfahren zur Lösung des Grenzstreits an der nördlichen Adria aus. Der kroatische Premier Zoran Milanovic verkündete bei einer Pressekonferenz am Montag, dass sein Land das Schiedsabkommen mit Slowenien auflösen werde. "Das Verfahren ist vergiftet worden. Wir müssen da heraus", sagte der Premier nach einem Treffen mit den Parteichefs des Landes. Die Entscheidung sei von den Parlamentsparteien einstimmig getroffen worden, hieß es.

Hingegen erachtet Ljubljana einen Ausstieg als unmöglich. Unter Berücksichtigung von völkerrechtlichen Regeln und Regeln des Schiedsabkommens könne Kroatien aus dem Schiedsverfahren nicht aussteigen, sagte der slowenische Premier Miro Cerar laut Medienberichten. Schließlich habe das auch das Schiedsgericht in Den Haag festgestellt, als es mitteilte, dass das Verfahren fortgesetzt werde, erklärte Cerar unmittelbar nach Bekanntwerden der kroatischen Entscheidung.

Skandal um slowenischen Schiedsrichter

Grund für die kroatische Ausstiegsdrohung ist ein Zwischenfall im Schiedsverfahren: Ein Richter soll Geheimnisse aus dem Verfahren ausgeplaudert haben. Die Situation sei nach dem "ernsthaften Zwischenfall" unerträglich, betonte Milanovic. "Das Schiedsabkommen wurde grob verletzt, wir können nicht anders", sagte er mit Bezug auf die gegen Slowenien erhobenen Vorwürfe, dass man das Schiedsgericht zu beeinflussen versuchte.

Die kroatische Regierung will nun das Parlament um Unterstützung für die geplante Auflösung des Schiedsabkommens ersuchen. Zagreb plant, das laufende Schiedsverfahren unumgehend zu suspendieren und den von der kroatischen Seite bestellten nationalen Schiedsrichter abzuziehen. Das Parlament kommt bereits am Mittwoch bei einer außerordentlichen Sitzung zu diesem Thema zusammen.

Ein slowenischer Schiedsrichter soll geheime Informationen aus dem internationalen Schiedsverfahren gegenüber der slowenischen Seite erwähnt haben. Die Affäre brach vergangene Woche aus, nachdem kroatische Medien die abgehörten Telefongespräche zwischen dem Schiedsrichter und einer hohen Außenamt-Beamtin veröffentlichten. In Slowenien läuft unterdessen das Verfahren zur Bestellung eines neuen Schiedsrichters, nachdem der involvierte Schiedsrichter Jernej Sekolec vergangene Woche zurückgetreten war. Die Regierung wolle noch diese Woche einen Ersatzrichter ernennen.

Ausstieg als Rettung?

Als Hintergrund des Abhörskandals wittert man in Slowenien die Absicht Kroatiens, sich aus einer ungünstigen Situation zu retten. Angeblich sollte sich in dem Verfahren ein für Slowenien günstiger Ausgang abgezeichnet haben. Der Großteil der umstrittenen Adria-Bucht von Piran würde nämlich Slowenien zufallen. Ein Rückzug wäre umso verständlicher, weil die für Dezember angekündigte Verkündung des Schiedsspruchs mit dem Wahlkampf vor den kroatischen Parlamentswahlen zusammenfallen würde.

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