Rom setzt auf Härte gegen Immigranten

(c) AP (Gregorio Borgia)
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Die Regierung hat die Gesetze gegen illegale Einwanderung verschärft. Flüchtlinge, die übers Meer kommen, werden schon auf hoher See abgefangen und zurückgeschickt. Das führt zu Protesten des UNHCR.

ROm. „Weil Europa uns alleingelassen hat“, so sagt Innenminister Roberto Maroni, greift Italien nun zur Selbsthilfe. Mit der Übergabe der ersten drei von sechs Küstenwachbooten an Libyen hat nun die Ära der italienisch-libyschen Seepatrouillen begonnen. Sie sollen Flüchtlingsboote spätestens in internationalen Gewässern abfangen und die Insassen nach Libyen zurücktransportieren.

Bereits in den vergangenen Wochen hatte Italien damit begonnen, mehr als 500 Flüchtlinge, die im Mittelmeer nahe der Insel Lampedusa aufgegriffen worden waren, umgehend nach Libyen zurückzuschicken. Das hatte zu Protesten des UN-Flüchtlingskommissariats UNHCR geführt: Es sei unrechtmäßig, Menschen noch vor jeglicher Prüfung eines Asylantrags abzuweisen.

Dabei hatte selbst Innenminister Maroni von der rechten Regierungspartei „Lega Nord“ im April zugegeben, dass von den 37.000 Afrikanern, die 2008 übers Mittelmeer nach Italien gekommen waren, „etwa 30.000 aus Kriegsgebieten stammten und deshalb ein Recht auf Asyl hatten“.

Das wiederum, in ungewöhnlicher Vertauschung der Rollen, streitet Premier Silvio Berlusconi ab: „Von denen auf den Booten, sagen die Statistiken, hat praktisch niemand Recht auf Asyl. Das sind alles keine Opfer von Ungerechtigkeit, sondern Leute, die ihre Fahrkarte bezahlt haben, nachdem sie von der organisierten Kriminalität nach dem Bedarf der Arbeitswelt rekrutiert worden sind.“

Kritik der Bischöfe

In den ersten vier Monaten dieses Jahres sind 6300 Afrikaner – zumeist Tunesier und Marokkaner – übers Meer nach Italien gefahren; 75 Prozent mehr als vor einem Jahr. Dabei stellen die „Bootsflüchtlinge“ nur etwa 15 Prozent der illegalen Einwanderer; die große Masse reist mit regulären Touristenvisa auf dem Landweg ein und taucht nach Ablauf der Genehmigungen einfach unter.

Weil die Mitte-rechts-Regierung von Silvio Berlusconi diese „Illegalen“ als Italiens größtes Sicherheitsrisiko darstellt, hat sie nun im Parlament eine Verschärfung der Gesetze durchgesetzt. Illegale Einwanderung wird – wie in Deutschland – zum Straftatbestand und kann eine Geldstrafe von 5000 bis 10.000 Euro nach sich ziehen. Meldebehörden und andere öffentliche Stellen müssen Ausländer anzeigen, die über keinen Aufenthaltstitel verfügen. An einem massiven „Widerstand aus Gewissensgründen“ indes ist die Regierung mit dem Versuch gescheitert, auch Ärzten und Schulleitern eine Anzeigepflicht aufzuerlegen.

Wer illegal eingewanderten Personen eine Wohnung vermietet, kann mit bis zu drei Jahren Haft bestraft werden. Ähnliches gilt übrigens auch in Österreich. Hier könnte die Wohnungsvermietung an mehrere illegal Eingereiste als „gewerbsmäßige Beihilfe zu unbefugtem Aufenthalt“ interpretiert werden und darauf stehen in Österreich ebenfalls drei Jahre Haft. Was den am meisten kritisierten Paragrafen betrifft, so ist die Rechtslage umstritten. Die Opposition behauptet, wenn eine „illegale“ Frau ein Kind zur Welt bringe, werde dieses künftig zur Adoption freigegeben; die Regierung erklärt, jede Mutter erhalte automatisch eine Aufenthaltserlaubnis für sechs Monate. Die Falle schnappt danach zu: Wenn die Mutter das Kind beim Standesamt eintragen lässt, muss sie angezeigt werden. Menschenrechtler und katholische Bischöfe warnen vor einer zunehmenden „recht- und schutzlosen Masse unsichtbarer Kinder“.

Unverschuldete „Illegalität“

Nichts hat die Regierung indes getan, um die auch von der italienischen Wirtschaft massiv kritisierte „bürokratische Illegalität“ einzudämmen. Aufenthaltsgenehmigungen werden in Italien – dem Beschluss einer früheren Berlusconi-Regierung zufolge – nur für ein, maximal zwei Jahre ausgestellt. Mit der so in die Höhe geschraubten Zahl der Erneuerungsanträge aber sind die Behörden dermaßen überfordert, dass eine Verlängerung Monate dauert, mitunter sogar länger als die Laufzeit der Aufenthaltsgenehmigung selbst. Auf diese Weise fallen jedes Jahr Tausende in die unverschuldete Illegalität – mit allen, nun auch noch verschärften rechtlichen Folgen. Kommentar, S. 33

AUF EINEN BLICK

Das neue Sicherheitsgesetz, das nun von Italiens erster Parlamentskammer verabschiedet wurde, sieht unter anderem verschärfte Regeln im Kampf gegen illegale Immigration vor.

Illegale Einreise wurde nun zu einem strafrechtlichen Tatbestand. Sie wird mit 5000 bis 10.000 Euro Geldstrafe geahndet. Der Aufenthalt illegaler Einwanderer in Auffanglagern wird von zwei auf sechs Monate verlängert.

Bis zu drei Jahre Haft riskiert, wer illegalen Einwanderern eine Wohnung vermietet.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.05.2009)

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