Mali: Probelauf für Österreichs Einsatz in Afrika

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Das Bundesheer weitet seinen Einsatz aus und schickt Ausbildner für die Armee. Im ganzen Land häufen sich die Anschläge.

Bamako/Wien. Der Weg zum Camp führt über eine staubige Piste hinaus aus der Hauptstadt Bamako. Palmen säumen den Weg, immer wieder müssen die Wagen den Schlaglöchern ausweichen, bis sie das Zentrum der EU-Trainingsmission in Mali (EUTM) erreichen. Die ersten österreichischen Ausbildner sind dort schon eingetroffen: Das Bundesheer baut sein Engagement in der Mission gerade aus. Hatte Wien bisher acht bis neun Sanitäter in dem westafrikanischen Land stationiert, werden die Soldaten in Koulikoro 60 Kilometer außerhalb von Bamako nun bei der Ausbildung von malischen Kampftruppen helfen. Zehn bis 15 Mann würden derzeit entsandt, heißt es aus dem Verteidigungsministerium. „Bei Bedarf“ werde das Kontingent auf bis zu 20 Personen aufgestockt.

Die EU-Mission, seit Ende Juli unter deutschem Kommando, soll die malische Armee in die Lage versetzen, Separatisten der Tuareg und islamistische Extremisten besser zu bekämpfen – eine Mammutaufgabe. Denn auch der über 12.000 Mann starken UN-Friedensmission (Minusma) ist es bisher nicht gelungen, den unruhigen Norden des Landes zu stabilisieren. Erst vor Tagen sind neue Gefechte zwischen regierungstreuen Milizen und Tuareg-Rebellen ausgebrochen. Minusma hat deshalb am Montag angekündigt, eine Sicherheitszone rund um Kidal im Nordosten zu errichten, damit die Kämpfe nicht auf die strategisch wichtige Stadt übergreifen.

Die Gefechte sind nur die jüngsten einer ganzen Reihe von schlechten Nachrichten aus einem Land, das noch vor zwei Monaten gehofft hat, endlich Frieden schaffen zu können. Die häufigen Anschläge auf Blauhelmsoldaten haben Minusma zur derzeit gefährlichsten UN-Friedensmission gemacht. Seit ihrer Schaffung vor zwei Jahren sind 56 Soldaten getötet worden. Erst in der vergangenen Woche wurden bei einem Überfall auf ein bei Ausländern beliebtes Hotel in Sevare nordöstlich von Bamako 13 Menschen getötet, darunter fünf UN-Mitarbeiter. Zu dem Angriff bekannte sich eine Gruppe malischer Jihadisten um den Extremisten Suleiman Mohammed Kennan, der dem radikalen Prediger Amadou Koufa nahesteht. Dieser wiederum soll Verbindungen zum algerischen Jihadistenführer Mokhtar Belmokhtar haben, der eine Splittergruppe der al-Qaida im Islamischen Maghreb (AQMI) befehligt.

Ständig wechselnde Fronten

Tuareg-Rebellen, Jihadistengruppen, regierungstreue Milizen – die Lage ist unübersichtlich und so schwierig, weil sich mehrere Konflikte überlappen. Selbst Diplomaten, die den Konflikt genau beobachten, können oft gar nicht sagen, wo die ständig wechselnden Fronten genau verlaufen.

Im Juni hatte man geglaubt, zumindest den jahrzehntelangen Konflikt zwischen den bewaffneten Separatisten der Tuareg im Norden mit der Zentralregierung in Bamako beenden zu können. Ein Bündnis von Tuareg-Rebellengruppen unterzeichnete nach langen Verhandlungen unter algerischer Vermittlung ein Friedensabkommen mit der Regierung. Wirtschaftliche Entwicklung und mehr Autonomie für den Norden, außerdem die Eingliederung der bisherigen Rebellen in die Armee – ein ambitioniertes Programm, dessen Details noch ausgehandelt werden sollten. Doch die Umsetzung hat noch gar nicht begonnen, und die jüngsten Kämpfe nahe Kidal wertete Minusma nur als jüngsten „krassen Verstoß“ einer ganzen Reihe von Verletzungen gegen das Abkommen.

Gleichzeitig zeigen die sich häufenden Anschläge, dass auch die radikalen Islamisten bei Weitem nicht geschlagen sind. Als besonders besorgniserregend werten Diplomaten, dass die diversen Gruppen – AQMI und Ansar al Dine sind nur die größten davon – seit einiger Zeit auch im bisher ruhigen Süden zuschlagen. In der Region Koulokoro, wo die EUTM agiert, hat es erst Anfang August eine Attacke auf einen Gendarmerieposten gegeben. Die Täter sind unbekannt.

Verteidigungsminister Gerald Klug, der Mali Ende Juli besuchte, begründete den Einsatz auch mit Blick auf die Flüchtlingskrise in Europa: Der Ansturm könnte nur verringert werden, wenn den Menschen in ihren verarmten Heimatländern eine Perspektive gegeben würde. „Die klassische Landesverteidigung darf nicht an den Staatsgrenzen Halt machen.“ Österreich könnte sich in Zukunft also noch stärker in Afrika engagieren.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.08.2015)

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