Nach heftiger Kritik an ihrem Schweigen meldet sich Merkel zu Wort. Vizekanzler Gabriel will rechten Krawallmachern "keinen Millimeter Raum geben".
Für ihr Schweigen zu den rechten Krawallen vor einem Flüchtlingsheim in Heidenau hatte die deutsche Kanzlerin Angela Merkel bereits heftige Kritik einstecken müssen - von der Opposition, von Regierungspartner SPD und auch von den Medien. Die Münchener "Abendzeitung" veröffentlichte in ihrer Montagsausgabe gar einen Artikel gänzlich ohne Text mit dem Titel: "Und das sagt die Bundeskanzlerin".
Am Montag meldete sich Merkel schließlich doch zu Wort. Sie hat die Vorfälle in der Kleinstadt in Sachsen als absolut inakzeptabel bezeichnet. Die Bilder seien erschreckend, sagte sie am Montag in Berlin. Sie verurteile die gewalttätigen Ausschreitungen "aufs Schärfste". Diese seien abstoßend und beschämend und in keiner Weise akzeptabel.
"Deutschland ist ein Land, das die Würde jedes einzelnen Menschen respektiert." Das gelte für jeden, der sich in Deutschland aufhalte. Merkel traf sich im Kanzleramt mit dem französischen Präsidenten François Hollande zu einem Gespräch über die Flüchtlingskrise in Europa.
"Weit außerhalb der Rechtsordnung"
Montagvormittag hatte sich bereits die deutsche Regierung via Sprecher Steffen Seibert zu den Krawallen in Heidenau geäußert. Die Regierung hat die wiederholten Ausschreitungen als "beschämend" kritisiert. Sie verurteile "die gewaltsamen Ausschreitungen und die aggressive fremdenfeindliche Stimmung auf das Schärfste", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag vor Journalisten in Berlin.
"Es ist abstoßend, wie Rechtsextreme und Neonazis versuchen, ihre dumpfen Hassbotschaften zu verbreiten. Wer so handelt wie die Gewalttäter von Heidenau, stellt sich weit außerhalb unserer Rechtsordnung."
"Alkoholisierte Schreihälse"
Beschämend sei es, wie Bürger und sogar Familien mit Kindern durch ihr Mitlaufen bei den fremdenfeindlichen Demonstrationen "diesen Spuk unterstützen", sagte Seibert. Deutschland sei ein Land der Mitmenschlichkeit und lasse nicht zu, dass Flüchtlinge "hier von hasserfüllten Parolen oder von alkoholisierten Schreihälsen empfangen werden". Unabhängig davon, ob der Einzelne ein Bleiberecht als Kriegsflüchtling habe oder ob er Asylgründe habe, habe jeder das Recht, "würdig und respektvoll" behandelt zu werden.
In Heidenau nahe Dresden war es am Wochenende in zwei Nächten in Folge zu schweren Krawallen gekommen, bei denen zahlreiche Polizisten verletzt wurden. Ein Randalierer wurde am Sonntag festgenommen.
Gabriel in Heidenau
Am Montag besuchte Vizekanzler Sigmar Gabriel Heidenau im Rahmen einer seit längerem geplanten Sommerreise. Gabriel sei "im Namen der gesamten Bundesregierung" nach Heidenau gefahren, sagte Seibert.
Gabriel mahnte dort zu einem entschlossenen Vorgehen von Politik und Gesellschaft. "Man darf diesen Typen, die sich hier in den letzten Tagen ausgebreitet haben, keinen Millimeter Raum geben", sagte er am Montag bei seiner Ankunft .
Vor einem Gespräch mit dem Heidenauer Bürgermeister Jürgen Opitz lobte der SPD-Vorsitzende Gabriel den christdemokratischen Politiker für dessen klaren Worte nach den gewalttätigen und fremdenfeindlichen Aktionen vom Wochenende: "Ich finde, man muss Herrn Opitz den Rücken stärken. Er zeigt eine Menge Mut und Courage."
>> Kommentar in der "Abendzeitung"
(APA/dpa/AFP)