Duisburg: „Die Leute werfen einfach den Müll aus den Fenstern“

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GERMANY GOVERNMENT(c) APA/EPA/ROLAND WEIHRAUCH (ROLAND WEIHRAUCH)
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In Duisburg verschärfen sich die Probleme durch Zuwanderung, etwa im Stadtteil Marxloh, wo die Polizei vor rechtsfreien Räumen warnt. Kanzlerin Merkel besuchte am Dienstag den Problembezirk.

Duisburg. Gut leben in Deutschland: Das würden sich in Duisburg Marxloh viele Menschen wohl tatsächlich wünschen. Seit einigen Wochen schon kommt der Stadtteil der Industriestadt in Nordrhein-Westfalen mit seinen knapp 19.000 Einwohnern nicht aus den Schlagzeilen heraus. Da ist sogar von gefährlichen No-Go-Areas die Rede und von Familienclans, die die Stadt beherrschen.

Am gestrigen Dienstag wollte sich dann auch die deutsche Kanzlerin ein Bild der tatsächlichen Lage in dem Problembezirk machen und lud zu einem Bürgerdialog unter dem Namen „Gut leben in Deutschland“ ein. Mit rund 60ausgewählten Vertretern der Gegend hat sie über Herausforderungen gesprochen, mit denen die Bevölkerung dort tagtäglich konfrontiert ist.

64 Prozent Migrantenanteil

In Marxloh haben tatsächlich 64Prozent der Einwohner einen Migrationshintergrund. Fast 100Bevölkerungsgruppen, eine besonders große sind die Türken, leben auf einem Fleck. Auch die Arbeitslosigkeit ist mit einem Anteil von 16 Prozent nicht gerade gering. Deutschlandweit liegt sie nämlich nur bei 4,7 Prozent.

Viele Menschen sind hier von Hartz IV abhängig. „Duisburg ist ein nicht ganz einfacher Ort, und ich freue mich, von den Problemen zu hören“, hat Angela Merkel bereits im Vorfeld gesagt.

Das Hauptproblem ortete Ramon van der Maat, Vertreter der Duisburger Polizei, bei dem Treffen vor allem in der mittlerweile starken Zuwanderung aus Rumänien und Bulgarien. Die Leute von dort würden zum Teil einfach den Müll aus den Fenstern werfen. Im Sommer verbrächten sie die meiste Zeit auf der Straße. Hinzu komme, dass viele Jugendliche ein zum Teil provokantes Auftreten hätten. Auf die Anwohner könne so ein Verhalten durchaus beängstigend wirken: Sie seien in der Vergangenheit nämlich anderes gewohnt gewesen.

Die Polizeigewerkschaft zeichnet in der Tat ein düstereres Bild. Sie spricht von rechtsfreien Räumen und einem durchaus aggressiven Mob, der ihr begegne. Beamte würden bespuckt und bedroht.

„Lebensqualität gesunken“

Besonders in den vergangenen zwei, drei Jahren habe sich das Problem in der Stadt verschärft, sagt van der Maat. Zu tun habe das unter anderem mit Wohnhäusern, die wegen ihres miserablen Zustands eigentlich gar nicht mehr vermietet werden könnten. Die Ärmsten der Armen aus Osteuropa ziehen dennoch dort ein.

Marxloh, dessen Stadtgebiet fast zur Hälfte aus Industrie- und Gewerbegebieten besteht, ist mittlerweile ein sozialer Brandherd geworden. „Unsere Lebensqualität ist deutlich gesunken“, erklärt Thomas Mielke, der stellvertretende Vorsitzende der Initiative Runder Tisch Marxloh. Er erzählt von Müllbergen, die die Stadtreinigung gar nicht mehr wegräumen könne – es sei ein Kampf gegen Windmühlen. „Man soll die Lage nicht dramatisieren, man soll sie aber auch nicht schönreden“, so Mielke. Seiner Ansicht nach finde keine Integration mehr statt.

Dass Angela Merkels Besuch daran etwas ändern wird, glaubt er nicht. Mielke selbst ist in Marxloh aufgewachsen. Wegziehen kommt für ihn aber nicht infrage.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.08.2015)

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