Ungarn plant Heereinsatz gegen Flüchtlinge an der Grenze

Syrische Migranten klettern unter dem Zaun an der serbisch-ungarischen Grenze hindurch.
Syrische Migranten klettern unter dem Zaun an der serbisch-ungarischen Grenze hindurch.REUTERS
  • Drucken

Die Südgrenze Ungarns soll nicht mehr nur durch einen Zaun, sondern auch durch das Militär geschützt werden. Das Parlament muss den Plänen noch zustimmen.

Ungarns rechtskonservative Regierung plant möglicherweise eine Änderung des Grundgesetzes, um das Heer gegen Migranten einsetzen zu können. Das berichtete das Portal "Napi Gazdasag" am Mittwoch. Dieses Thema soll das Kabinett für Nationale Sicherheit auf der Tagung, die Premier Viktor Orban angesichts der stark ansteigenden Flüchtlingszahlen einberufen hatte, am Dienstagabend behandelt haben.

Regierungssprecher Zoltan Kovacs hat am Dienstag erklärt, die Südgrenze Ungarns solle nicht nur mit einem Grenzzaun, sondern auch durch Grenzjäger und mithilfe des Heeres geschützt werden. Zunächst sei unklar, welche Aufgabe den Soldaten im Grenzschutz zukämen. "Napi Gaszdasag" berief sich auf einen Bericht des Geheimdienstes, nach dem nicht auszuschließen sei, dass Migranten auch bewaffnete Durchbruchsversuche unternehmen könnten. Ein Grenzeinsatz des Heeres bedürfe jedoch der Zustimmung des Parlaments, das möglicherweise kommende Woche darüber beraten werde.

Zusätzlich kündigten die Behörden am Mittwoch an, 2.100 Polizisten an die Grenze zu Serbien zu entsenden, um den Flüchtlingsandrang einzudämmen. Bereits im Bau sind überdies zwei Zäune an der Grenze. Die 175 Kilometer lange Grenzsperre aus Drahtgeflecht soll am 31. August fertiggestellt werden.

Polizei setzte Trängengas gegen Flüchtlinge ein

Das Aufeinandertreffen zwischen Flüchtlingen und Polizei in Ungarn ist aber durchaus mit Spannungen verbunden: Die Polizei hat in einem Erstaufnahmelager für Flüchtlinge am Mittwoch Tränengas gegen Asylbewerber eingesetzt. Ein Polizeisprecher sagte der Nachrichtenagentur AFP zu dem Vorfall im südungarischen Röszke, rund 200 Flüchtlinge hätten versucht, sich dem Registrierungsverfahren zu entziehen. Demnach weigerten sie sich, ihre Fingerabdrücke abzugeben.

Die Polizei versuche, "die Lage zu beruhigen", sagte Polizeisprecher Szabolcs Szenti und berichtete von "schreienden" Flüchtlingen. Der Nachrichtensender Hir TV hatte zuvor berichtet, dass sich die Situation zwar beruhigt habe, aber nach wie vor angespannt sei. Das Zentrum in Röszke bei Szeged ist das derzeit wichtigste Erstaufnahmelager des Landes für die über Serbien ankommenden Flüchtlinge.

Kinder bei Regen im Freien

Die Darstellung der Ereignisse vonseiten der Polizei stimmte nicht zur Gänze mit den Medienberichten überein: Hir TV und die Deutsche Presse-Agentur nannten Beschwerden über die Enge in dem Lager in Röszke vonseiten der Flüchtlinge als Grund für die Unruhen. Auslöser der Klagen war demnach, dass Kinder sich bei Regen im Freien aufhalten müssten. Die Lage habe sich schnell wieder beruhigt, als ein Sprecher der Flüchtlinge auf Arabisch mit den Migranten sprach, hieß es laut dpa.

Die Zahl der Flüchtlinge an der ungarischen Grenze kletterte inzwischen nach Angaben der Polizei auf einen neuen Höchststand. Allein am Dienstag seien 2.533 Flüchtlinge aufgegriffen worden, die über die "grüne Grenze" aus Serbien gekommen waren. Am Montag war diese Zahl noch bei 2.093 gelegen. Ungarn wird zumeist als Transitland in andere EU-Staaten wie Österreich oder Deutschland genutzt.

Flüchtlinge, die von der Polizei aufgegriffen werden, stellen einen Asylantrag, um nicht abgeschoben zu werden. 2015 taten dies rund 100.000 Menschen. Die Migranten gehören zu rund 7.000 Flüchtlingen, die in der vergangenen Woche an der Grenze zwischen Griechenland und Mazedonien festsaßen. Mazedonien hatte angesichts des großen Andrangs den Notstand ausgerufen und die Grenze drei Tage lang geschlossen. 

Wie kann das Schengen-System reformiert werden? Diskutieren Sie mit im Themenforum

(APA)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.