Kritik an Österreich: Orbán fordert Grenzschließung

Orban: Großteil sind Wirtschaftsflüchtlinge.
Orban: Großteil sind Wirtschaftsflüchtlinge.APA/EPA/FILIP SINGER
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Schließe Österreich seine Grenzen nicht, würden Millionen Flüchtlinge in die EU kommen, sagt Ungarns Regierungschef. Quoten seien zum jetzigen Zeitpunkt keine Lösung.

Ungarn hat Österreich und Deutschland aufgerufen, ihre Grenzen dicht zu machen. Die beiden Länder sollten ihre Grenzen schließen und "klar sagen", dass keine weiteren Flüchtlinge mehr aufgenommen werden, denn ansonsten würden weiterhin "mehrere Millionen" Menschen nach Europa kommen, erklärte der ungarische Regierungschef Viktor Orbán am Sonntagabend in der "Zeit im Bild".

Die Einreise in die EU ohne Papiere entspreche nicht den Regeln, trotzdem habe Österreich die Migranten ungehindert einreisen lassen, kritisierte Orban weiter. Ein Großteil von ihnen seien ohnehin Wirtschaftsflüchtlinge. Ungarn habe ausreichend "finanzielle und polizeiliche Kraft", für alle Schutzsuchenden Verpflegung und Unterkunft zur Verfügung zu stellen - doch würden alle nach Deutschland wollen. "Das Problem liegt nicht auf unserer Seite", schloss der Ministerpräsident.

Quoten nicht von Priorität

Orbán lehnte die von der Europäischen Union vorgeschlagene Regelung für verbindliche Quoten zur Verteilung von Flüchtlingen am Montag zum jetzigen Zeitpunkt erneut ab. "Solange Europa seine Außengrenzen nicht schätzen kann, ergibt es keinen Sinn über das Schicksal derjenigen zu diskutieren, die hereinströmen.", sagte Orban am Montag vor ungarischen Diplomaten.

Der ungarische Standpunkt schließe jedoch nicht aus, dass das Quotensystem irgendwann auf vernünftige, faire Weise eingeführt werden könne. Ungarn habe lediglich ein Problem mit dem "Timing", zitierte die Ungarische Nachrichtenagentur (MTI) den Regierungschef. Ein Quotensystem wolle die Folgen kurieren, bevor die Gründe der Einwanderung beseitigt seien.

Fonds für betroffene Staaten

Zugleich schlägt er die Einrichtung eines Fonds vor, um Staaten wie der Türkei bei der Bewältigung des Flüchtlingsstroms zu helfen. "Es wäre sinnvoller, wenn die EU in Abstimmung mit den jeweiligen Ländern einen Fonds einführen könnte, aus dem wir Unterstützung anbieben können, um mit dem Flüchtlingsproblem in diesen Ländern umgehen zu können", sagte Orbán.

In Deutschland hat die Regierung ihr Paket zur Flüchtlingshilfe vorgestellt. Bundeskanzlerin Angela Merkel hofft nun auch auf eine Einigung auf EU-Ebene. Sie sei zuversichtlich, dass eine Einigung auf europäischer Ebene möglich sei, sagte Merkel am Montag in Berlin. Notwendig sei eine "solidarische und faire Verteilung der Flüchtlinge".

Außenminister Szijjarto kritisiert Faymann

Der ungarische Außenminister Peter Szijjarto kann vor allem die Kritik von Bundeskanzler Werner Faymann an der Flüchtlingspolitik seines Landes "nicht nachvollziehen". Einerseits ermahne Faymann Ungarn, "die Flüchtlinge nicht nach Österreich durchzuwinken und alle zu registrieren", anderseits kritisiere er den Bau des Grenzzaunes, sagte Szijjarto gegenüber der Tageszeitung "Der Standard". "Man sollte sich entscheiden, was man will: Sollen wir die Grenzen nun schützen oder alle durchlassen?"

Für Ungarn habe der Schutz der Grenzen "oberste Priorität", so Szijjarto. "Für uns bedeutet Solidarität, dass wir unsere Grenzen verteidigen, um den Druck von uns allen zu nehmen", deshalb schütze man sie auch. Die technische Sperre sei soeben erst fertigerstellt worden, jetzt soll eine höhere Sicherheitssperre errichtet werden. "Das Ziel mit dem Zaun ist es, die Migranten zu den legalen Grenzstellen zu führen", führte Szijjarto aus. Zudem sollen Menschen in "drei Transitzonen an der serbischen Grenze" Asylanträge stellen können.

Ungarn: Asyl an neun Prozent der Antragsteller

In diesem Jahr hätten von 167.000 illegal eingereisten Migranten 150.000 einen Asylantrag in Ungarn gestellt. "Im Schnitt erhalten neun Prozent der Antragsteller bei uns Asyl", schätze Szijjarto. Ein Großteil von ihnen würde aber das Land vor Verfahrensende verlassen. Eine verpflichtende Verteilung von Flüchtlingen innerhalb der EU - wie es der Plan der EU-Kommission vorsieht - sei "keine gute Idee". Die aktuelle Diskussion darüber würde von Migranten und den Schleppern als eine Einladung verstanden werden, so Szijjarto.

Am Sonntag hatte sich die Lage in Ungarn leicht entspannt. Bis zum frühen Abend wurden 1459 Migranten aufgenommen, die über Serbien gekommen waren. Am Samstag war mit nur 1002 ankommenden Flüchtlingen ein Monats-Tiefststand erreicht worden. Die Polizei führte dies auf die Witterung zurück. Seit Wochen waren 1500 bis 3000 neue Flüchtlinge pro Tag die Regel.

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(APA)

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