Deutschland und USA überlegen Truppenpräsenz im Baltikum

Der Nato-Generalsekretär will die Truppen aus Afghanistan vorerst nicht abziehen.
Der Nato-Generalsekretär will die Truppen aus Afghanistan vorerst nicht abziehen.AFP
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Zu Ausbildungszwecken könnten in Estland, Litauten, Lettland und Polen Nato-Truppen stationiert werden. Die Nato erwägt auch einen Einsatz in der Türkei.

Deutschland und die USA wollen zusätzliche Nato-Truppen in östlichen Bündnisstaaten stationieren. Nach Informationen der deutschen Nachrichtenagentur dpa könnten mehrere hundert Soldaten dauerhaft zu Ausbildungs- und Trainingszwecken nach Polen sowie Lettland, Estland und Litauen geschickt werden. Diese Länder fühlen sich von der aktuellen Politik des russischen Präsidenten Wladimir Putin besonders bedroht.

Aber in Richtung Syrien - aber auch wegen Russland - werden die Truppen wohl verstärkt. "Die Nato ist bereit und fähig dazu, alle Verbündeten, die Türkei eingeschlossen, gegen jegliche Bedrohungen zu verteidigen", sagte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg vor einem Treffen der Verteidigungsminister der Nato-Staaten am Donnerstag in Brüssel. Denkbar sei zum Beispiel eine Stationierung von Truppen auf dem Territorium des Nato-Mitglieds Türkei, sagte Stoltenberg. Man habe die Kapazitäten und die nötige Infrastruktur, um eine schnelle Eingreiftruppe nach Süden zu schicken.

Damit reagiert der Nato-Generalsekretär auf die Luftraumverletzungen Russlands. Russische Kampfjets waren am Samstag und am Sonntag in türkischen Luftraum eingedrungen und sorgten damit für diplomatische Verstimmungen zwischen Ankara und Moskau. Vor dem Hintergrund des spannungsgeladenen Verhältnisses zu Russland sollen die Verteidigungsminister auch grünes Licht für den Aufbau von zwei weiteren regionalen Hauptquartieren in den östlichen Bündnisstaaten geben. Der eine Standort ist in Ungarn geplant, der andere in der an die Ukraine grenzenden Slowakei.

London und Paris stellen 5000 Soldaten

Bei dem Treffen in Brüssel bezeichnete Stoltenberg die Angriffe Russlands aus der Luft und mit Marschflugkörpern als "Grund zur Sorge".  Er rief Russland dazu auf, die Hilfe für das Regime des syrischen Präsidenten Bashar al-Assad zu stoppen. "Meine Sorge ist, dass die Russen ihre Angriffe nicht hauptsächlich gegen die Extremistenmiliz 'Islamischer Staat' (IS) richten, sondern gegen andere Oppositionsgruppen, und dass sie damit das Regime stützen."

Er appelliere daher an Russland, eine konstruktive Rolle im Kampf gegen den IS zu spielen. Dies sei nicht der Fall, solange Russland das Assad-Regime unterstütze. Es müsse gemeinsam mit Russland eine politische Lösung gefunden werden, "ein Übergang", sagte Stoltenberg.

Großbritannien und Frankreich deuteten die Bereitschaft an, ihre 5000-Mann-starken Schnelleinsatzteams über die Nato-Grenzen hinaus einzusetzen. Die Truppen könnten damit zur Stabilisierung nach dem Einsetzen von Übergangsregierungen in Libyen und Syrien beitragen.

Kein fester Abzugstermin in Afghanistan

Neben den russischen Luftangriffen auf Ziele in Syrien spielt bei den Gesprächen vor allem die Entwicklung in Afghanistan eine Rolle. Dort hatten radikalislamische Taliban-Kämpfer zuletzt kurzzeitig die Provinzhauptstadt Kunduz erobert. Die deutsche Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen hat sich gegen die Festlegung auf einen Abzugstermin für die Nato-Truppe ausgesprochen. "Wir müssen schauen, wie wir weitermachen und ob wir länger bleiben sollten." Sie werde daher bei dem Treffen dafür werben, dass der Abzug vom Hindukusch nicht nach einem starren Zeitplan ablaufe, sondern sich an der Entwicklung der Sicherheitslage orientiere.

Stoltenberg erklärte, dass die Nato noch noch nicht abschließend darüber entschieden hätte, wie lange der Einsatz noch dauern wird. Die Nato werde die Afghanen aber auf jeden Fall weiter unterstützen - entweder über den bisherigen Einsatz zur Ausbildung und Beratung der Sicherheitskräfte oder über einen neuen, zivil geführten Einsatz mit militärischen Elementen - jedenfalls aber finanziell.

Auch im US-Militär regt sich nach dem Schock von Kunduz, einem der größten militärischen Erfolge der Taliban seit ihrem Sturz 2001, Widerstand gegen die bisherigen Abzugspläne. Demnach sollen bis Ende 2016 fast alle Soldaten Afghanistan verlassen, nur ein Kontingent von etwa 1000 Soldaten würde in der Hauptstadt Kabul bleiben. Derzeit sind noch knapp 10.000 US-Soldaten im Land. In Mazar-i-Sharif im Norden des Landes sind derzeit noch etwa 870 deutsche Soldaten stationiert.

(APA/AFP/dpa/Reuters)

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