Britische Innenministerin tritt angeblich zurück

Die britische Innenministerin Jacqui Smith
Die britische Innenministerin Jacqui Smith(c) EPA (Daniel Deme)
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Laut Medienberichten gibt Jacqui Smith ihr Amt auf, nachdem sie wegen des Spendenskandals unter Druck gekommen ist. Das Ministerium will die Berichte weder bestätigen noch dementieren.

Die britische Innenministerin Jacqui Smith will laut Medienberichten als Konsequenz aus dem Spesenskandal ihren Posten räumen. Sie wolle in der nächsten Kabinettsumbildung ihren Platz frei machen, berichten zahlreiche britische Medien unter Berufung auf Regierungskreise am Dienstag. Die 46-Jährige hat demnach bereits vor zwei Monaten Premierminister Gordon Brown den Rücktritt angeboten.

Smiths Ansehen hat durch den seit Wochen schwelenden Spesenskandal massiv Schaden genommen. Die Ministerin war bereits im März in die Schlagzeilen geraten, nachdem sie Spesen für Pornofilme abgerechnet hatte, die ihr Mann angeschaut hat. Im Zuge der Aufdeckung des Spesenskandals im Parlament kamen dann weitere umstrittene Ausgaben heraus: ein 275 Euro teures Handy für ihren Ehemann, drei Digital- und eine Videokamera für 1.850 Euro sowie Kosten für ihren Steuerberater.

Ein Sprecher Browns bezeichnete die Berichte über einen bevorstehenden Smith-Rücktritt am Dienstag als reine Spekulation. "Dazu äußern wir uns nicht weiter", sagte er. Eine Ministeriumssprecherin sagte, sie könne die Berichte weder bestätigen noch dementieren.

Spesenskandal: Verkehrsminister und Finanzminister entschuldigen sich

Wenige Tage vor der Europa-Wahl in Großbritannien an diesem Donnerstag mussten sich auch zwei weitere Minister aus Browns Kabinett für "Versehen" im Zusammenhang mit dem Spendenskandal entschuldigen. Verkehrsminister Geoff Hoon erklärte, er habe versehentlich 384 Pfund (444 Euro) zu viel für eine Zweitwohnung abgesetzt und werde die Summe erstatten. Finanzminister Alistair Darling entschuldigte sich ebenfalls für unrichtige Angaben zu den Betriebskosten seines Domizils in London in der Steuererklärung. Er bot an, die insgesamt mehreren hundert Pfund zurückzuzahlen.

Der seit einem Monat schwelende Spesenskandal hat bisher mehr als ein Dutzend Parlamentsabgeordnete dazu gezwungen, ihren Rücktritt anzukündigen. Mit jedem neuen Fall sinkt das Vertrauen der britischen Wähler in ihre Politiker weiter. Der Skandal und die Auswirkungen der schwersten Rezession seit Jahrzehnten dürften Brown bei Europa- und Kommunalwahlen eine mehr als deutliche Schlappe bescheren. In einer Umfrage für die Zeitung "Sun" fiel die Zustimmung für Browns Labour-Partei um zehn Punkte auf nur noch 18 Prozent. Sie liegt damit auf gleicher Höhe mit den Liberaldemokraten. Die oppositionellen Konservativen bauen demnach ihren Vorsprung auf 22 Punkte aus.

In einer Umfrage für den "Independent" verlieren dagegen alle Parteien an Zustimmung. Die Konservativen kommen hier auf 30 Prozent, Labour auf 22 Prozent. Auf die nicht im Unterhaus vertretenen kleineren Parteien, darunter die Grünen, die rechtsradikale BNP und die EU-feindliche UK Independence Party, entfallen 30 Prozent, 18 Punkte mehr als noch vor einem Monat.

Es wird erwartet, dass Brown nach den Wahlen sein Kabinett umbilden wird, um mit einem neuen Team in die spätestens Mitte kommenden Jahres anstehende Parlamentswahl zu ziehen. Einen Rücktritt hat Brown trotz der vernichtenden Umfragewerte kategorisch ausgeschlossen. Er sei in der Pflicht, vor der nächsten Wahl für Sauberkeit in der Politik zu sorgen. Dazu will er einem Sprecher zufolge demnächst einen "nationalen Rat zur demokratischen Erneuerung" einrichten, der über eine Reform des politischen Systems beraten soll.

(Ag.)

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