Während Henriette Rekers Sieg in der Wahl zur Oberbürgermeisterin verkündet wurde, hatten ihre Ärzte die Aufwachphase eingeleitet.
Nach dem Messerangriff auf die Oberbürgermeister-Kandidatin der Stadt Köln hat der deutsche Inlandsgeheimdienst neue Erkenntnisse zu dem Attentäter öffentlich gemacht. Dieser war demnach nur eine Randperson im rechtsextremen Lager.
Der 44 Jahre alte Mann, der Henriette Reker am Samstag, dem Tag vor der Abstimmung, niedergestochen hat, sei in den vergangenen Jahren "ab und zu Mal im Internet aufgetaucht, aber er war eher eine Randperson in diesem Bereich", sagte der Chef des Verfassungsschutzes (Inlandsgeheimdienst) des Bundeslandes Nordrhein-Westfalen, Burkhard Freier, am Montag im WDR-Hörfunk.
In den 1990er-Jahren habe es Hinweise gegeben, dass sich der Mann der rechtsextremen Szene, insbesondere der inzwischen verbotenen Freiheitlichen Deutschen Arbeitspartei (FAP) anschließen wollte.
Zunahme an Hetze
Im Internet gebe es eine unglaubliche Zunahme der Hetze gegen Flüchtlinge und Aufnahmeeinrichtungen, sagte Freier. Wenn es im Internet so etwas wie virtuellen Applaus für Hetze gebe, dann könnten "schnell aus Worten Taten werden".
Viele der Täter kämen gar nicht aus dem organisierten Rechtsextremismus, sondern aus dessen Umfeld, sagte Freier weiter. "Wir gehen davon aus, dass rechtsextremistische Parteien und Organisationen diese Hetze im Internet bewusst schüren."
Der Angreifer sitzt wegen versuchten Mordes in Untersuchungshaft. Er hatte laut Polizei fremdenfeindliche Motive für seine Tat genannt.
Reker in langsamer Aufwachphase
Rekers wurde am Sonntag gleich im ersten Wahlgang zur Oberbürgermeisterin gewählt. Wann sie ihr Amt antreten kann, ist noch offen. Reker liegt auf der Intensivstation. Während in Köln am Sonntag ihr Sieg verkündet wurde, hatten Ärzte eine langsamen Aufwachphase aus dem künstlichen Koma eingeleitet, wie ein Sprecher der Politikerin sagte. Die behandelnden Mediziner erklärten, ihr Genesungsprozess brauche eine gewisse Zeit.
Die 58-Jährige setzte sich gegen sechs weitere Bewerber durch und erreichte mit 52,7 Prozent die erforderliche absolute Mehrheit. Reker ist damit die erste Frau auf dem Chefsessel im Rathaus der viertgrößten Stadt Deutschlands. Bei der Wahl wurde sie unterstützt von CDU, FDP und den Grünen. Ihr SPD-Kontrahent Jochen Ott kam auf 32,0 Prozent. Für die Sozialdemokraten ist das ein weiterer Rückschlag: Bei den Oberbürgermeisterwahlen in Nordrhein-Westfalen vor wenigen Wochen hatten sie bereits ihre Hochburgen Oberhausen und Bonn an die CDU verloren.
Insgesamt waren mehr als 800.000 Menschen in der Domstadt Köln aufgerufen, zur Wahl zu gehen. Die Wahlbeteiligung lag bei 40,3 Prozent. 2009 stimmten 49,1 Prozent ab - damals wurde mit SPD-Mann Jürgen Roters jedoch nicht nur ein neuer Oberbürgermeister gewählt, gleichzeitig stand auch die Kommunalwahl an.
(APA/dpa)