Die Staats- und Regierungschefs suchten auf Malta nach Wegen, Ankara zur besseren Grenzsicherung zu bewegen. Ein Gipfeltreffen EU-Türkei ist fix.
Drei Milliarden Euro sowie ein Empfang mit allen Ehren – so viel ist der Europäischen Union die Zusammenarbeit der Türkei bei der Bekämpfung der Flüchtlingskrise wert. Beim informellen Europäischen Rat, der im Anschluss an den EU-Afrika-Gipfel in Valletta stattgefunden hat, einigten sich die Staats- und Regierungschefs der Union darauf, einen neu geschaffenen Fonds für die Türkei im Laufe der kommenden zwei Jahre mit insgesamt drei Mrd. Euro zu füllen. Eine halbe Milliarde Euro steuert die EU-Kommission aus ihren Töpfen bei, für den Rest kommen die EU-Hauptstädte auf: Den Löwenanteil überweist mit 534 Mio. Euro Deutschland, gefolgt von Großbritannien (409 Mio.), Frankreich (386 Mio.) und Italien (281 Mio.). Österreich soll demnach 57 Mio. Euro transferieren – die Beträge sind nach der Wirtschaftleistung der Mitgliedstaaten gestaffelt, den
Die Mittel sind zweckgebunden und sollen dafür eingesetzt werden, die Betreuung der syrischen Flüchtlinge in der Türkei zu finanzieren. Bis dato haben 2,2 Millionen Syrer in der Türkei Zuflucht gefunden, weitere knapp zwei Millionen halten sich nach Kommissionsangaben in Jordanien, dem Libanon und Irak auf. Aus der europäischen Perspektive hat die Kooperation mit der Türkei oberste Priorität – denn von dort setzen die meisten syrischen Flüchtlinge nach Griechenland über und reisen weiter Richtung Nordeuropa.
Um Ankara wohlzustimmen, musste die EU rasch handeln – aus Kommissionskreisen hieß es, dass die Türken mehr Geld verlangen würden, sollte Europa länger zuwarten. Doch Geld ist bekanntlich nicht alles: Auch das visafreie Reisen für türkische Bürger soll „beschleunigt“ werden, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel im Anschluss an das Treffen. Im Gegenzug müsse die Türkei allerdings ein Rücknahmeabkommen mit der EU umsetzen Auch die Eröffnung weiterer Kapitel in der unendlichen Geschichte der türkischen EU-Beitrittsverhandlungen ist im Gespräch. Doch bevor es dazu kommt, wird es in Brüssel einen weiteren Sondergipfel geben – mit der Türkei als Ehrengast, um die Bedeutung der türkisch-europäischen Beziehungen zu unterstreichen, wie Merkel formulierte. Das Treffen soll noch vor Monatsende bzw. Anfang Dezember stattfinden. Das bestätigte auch Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) am Donnerstag in Valletta. (la)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.11.2015)