Ein Terrorist kam offenbar über Westbalkan-Route

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Die Fingerabdrücke würden übereinstimmen, sagt ein Staatsanwalt in Paris. Premier Valls warnt unterdessen vor weiteren Anschlägen in Europa.

Einer der Attentäter des 13. November dürfte über die Westbalkan-Route in die EU eingereist sein. Es gebe Übereinstimmungen zwischen Fingerabdrücken, die von einem Mann während einer Kontrolle in Griechenland im Oktober genommen wurden und jenen des Attentäters, der sich vor dem Stade de France in die Luft gesprengt hat. Das teilte der Staatsanwalt soeben mit.

Neben dem Attentäter wurde ein syrischer Pass gefunden. Er ist auf Ahmad al Mohammad ausgestellt, geboren am 10. September im syrischen Idlib. Gestern gab es Spekulationen, wonach der IS bewusst eine falsche Fährte gelegt haben könnte. Noch gebe es für die Identität keine Bestätigung aus Syrien, sagte der französische Staatsanwalt.

Das Innenministerium in Belgrad bestätigte, dass der Mann, der sich als Ahmad al Mohammad ausgab, am 7. Oktober aus Mazedonien nach Serbien eingereist sei. Er wurde im Erstaufnahmezentrum in der südlichen Stadt Preševo registriert. Die kroatischen Behörden nahmen seine Daten einen Tag später im Flüchtlingslager Opatovac auf. Dann verliert sich seine Spur. Anfang Oktober setzten Flüchtlinge ihren Weg auf der Balkanroute üblicherweise über Ungarn und Österreich fort.

Im südserbischen Grenzort Presevo ist unterdessen ein Mann entdeckt worden, dessen offensichtlich gefälschter syrischer Pass auf denselben Namen lautet wie jener, der in Paris neben einem der getöteten Attentäter gefunden worden war. Das berichtete die Belgrader Tageszeitung "Blic" am Montag. Der mit einer Gruppe von Flüchtlingen angekommene Mann sei am Samstag angehalten worden, berichtete das Blatt. Die Polizei geht laut der Tageszeitung davon aus, dass der Mann in keiner Verbindung zu dem Attentäter von Paris steht. Vielmehr dürfte beide ihren gefälschten syrischen Pass von derselben Person in der Türkei erworben haben. Alle Daten des Passes seien identisch mit jenem des in Paris gefundenen gewesen, nur das Foto sei anders gewesen, hieß es. Die beiden Pässe lauteten laut "Blic" auf einen 26-jährigen Ahmad Almohammad.

Warnung vor Anschlägen

Frankreichs Premierminister Manuell Valls warnte unterdessen vor Anschlägen in anderen europäischen Ländern.  "Wir wissen, dass Operationen vorbereitet werden, nicht nur in Frankreich, sondern gegen andere europäische Länder", sagte Valls am Montag in der Früh dem Radiosender RTL.

Die französische Regierung habe gewusst, dass Attentate geplant worden seien. Sie seien von Syrien aus "organisiert" und "geplant" worden. "Wir müssen länger mit dieser Bedrohung leben", sagte er.

Der französische Radiosender RTL berichtet auch, dass die Ermittler einen Drahtzieher der Anschläge identifiziert haben. Der Belgier Abdelhamid A. soll die Anschlagsserie geplant und koordiniert haben.

Belgien als Schlüsselland

Zuletzt geriet Belgien immer mehr in den Fokus als beliebtes Zielland für Terroristen. Beim Anschlag auf „Charlie Hebdo“ gab es Verbindungen nach Brüssel; der Marokkaner, der im August einen Angriff auf einen Zug verüben wollte und von Fahrgästen überwältigt wurde, kam aus Belgien. Und auch zwei der Attentäter von Paris haben zuletzt in Belgien gelebt. Im Brüsseler Einwanderer-Stadtteil Molenbeek wurden am Wochenende sieben Personen in Zusammenhang mit den Anschlägen festgenommen. Einer soll am Tag zuvor in Paris gewesen sein. Außerdem waren zwei der bei den Anschlägen verwendeten Autos belgische Mietwagen.

Zwei Tage nach den Attacken in der französischen Hauptstadt, bei denen mindestens 132 Menschen ums Leben kamen, kann die Exekutive ein erstes Bild der Täter zeichnen. Man geht von drei Teams aus: Eines griff das Fußballstadion an, ein zweites Restaurants und Bars im Zentrum von Paris und ein drittes die Konzerthalle Bataclan.

Sieben Attentäter starben bei den drei Stunden dauernden Attacken: Sechs zündeten Sprengstoffgürtel, einer wurde von der Polizei erschossen. Zumindest einem Terroristen ist nach Angaben der französischen Exekutive die Flucht gelungen. Ob er Begleiter hat oder ob es sich um eine Einzelperson handelt, war gestern nicht klar. Am Sonntag lief eine europaweite Fahndung nach Abdeslam Salah. Die Polizei warnte vor dem Mann: "Ergreifen Sie unter keinen Umständen eigenmächtige Maßnahmen".

Details über Attentäter werden bekannt

Das Fahndungsfoto zeigt Abdeslam Salah; es wurde am Sonntagabend veröffentlicht. Der 26-Jährige lebte zuletzt in Belgien.
Das Fahndungsfoto zeigt Abdeslam Salah; es wurde am Sonntagabend veröffentlicht. Der 26-Jährige lebte zuletzt in Belgien.(c) APA/AFP/- (-)

Die Terroristen waren teilweise französische Staatsbürger, wie etwa der 29-jährige Omar Ismaël M., der der Polizei als Kleinkrimineller bekannt war. Zwei der Attentäter lebten in Belgien; sie waren 20 und 31 Jahre alt. Nach dem Bruder des 31-Jährigen toten Attentäters wird seit Sonntagabend gefahndet. Der 26-jährige Abdeslam Salah lebte ebenfalls zuletzt in Belgien. Er wurde in Brüssel geboren.

Ob der Anfang November in Rosenheim festgenommene 51-Jährige aus Montenegro, in dessen Auto Maschinenpistolen und Sprengstoff gefunden wurden, zu dem Terroristenteam gehört, ist unklar.

Die Massaker waren eine koordinierte Kommandoaktion der Terrororganisation IS. In einem Schreiben bekannte sich die Salafistengruppe zu der „gesegneten Attacke auf das Kreuzfahrerland Frankreich“. Experten sehen die Angriffe in Paris nur als einen Anfang. „Der Schlag gegen Frankreich kündigt wohl die nächste Kampfetappe des IS an“, meinte Clint Watts, Politologe am US-Forschungsinstitut FPRI.

Auf einen Blick

Die Geheimdienste und die Polizei fahnden derzeit in ganz Europa nach einem möglichen dritten Terrorkommando, dem die Flucht gelungen sein könnte. Bei den Anschlägen in Paris in der Nacht auf Samstag kamen mindestens 129 Menschen ums Leben. Sechs Attentäter sprengten sich selbst in die Luft, einer wurde von der Polizei erschossen. Ein achter oder ein ganzes Team ist flüchtig. Die Täter kamen aus Frankreich und Belgien, zumindest einer soll als Flüchtling getarnt nach Europa gereist sein.

Weitere Infos: www.diepresse.com/paris

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(Red./Ag.)

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