G20-Gipfel: Mit vereinten Kräften gegen IS-Terror

ANTALYA TURKEY NOVEMBER 15 2015 Turkey s President Tayyip Erdogan US President Barack Obama Br
ANTALYA TURKEY NOVEMBER 15 2015 Turkey s President Tayyip Erdogan US President Barack Obama Brimago/ITAR-TASS
  • Drucken

Staats- und Regierungschefs schworen sich unter Eindruck der Anschläge in Paris auf „Verdoppelung“ der Bemühungen im Anti-Terror-Kampf ein. Zweites Thema: Flüchtlingskrise.

Istanbul. Während sich die Staats- und Regierungschefs der wichtigsten Industrienationen nach dem Schock der Anschläge von Paris zum G20-Gipfel im südtürkischen Antalya versammelten, zeigte ein blutiger Zwischenfall im Osten des Landes, wie sehr sich der Islamische Staat (IS) jenseits Syriens festgesetzt hat. Bei einer Hausdurchsuchung sprengte sich der Verdächtige, ein mutmaßlicher Selbstmordattentäter, in die Luft. Am Abend zuvor starben vier IS-Kämpfer im Kugelhagel, als sie auf türkisches Gebiet durchbrechen wollten.

Nicht einmal eine Flugstunde liegt zwischen Antalya an der sonnigen türkischen Mittelmeerküste und der syrischen Grenze. Im hermetisch abgeriegelten Hoteldorf Belek am Strand von Antalya ging es bei den Beratungen darum, den Kampf gegen den IS zu verstärken und gleichzeitig die Suche nach einer Friedenslösung für Syrien voranzutreiben – nach dem Zeitplan, den die Außenminister am Samstag bei ihrer Gesprächsrunde in Wien festgezurrt hatten und den die Präsidenten der USA und Russlands, Barack Obama und Vladimir Putin, bei ihrem Gespräch in Antalya bekräftigten. Auch einige der beteiligten Diplomaten waren von Wien in die Türkei gereist.

Viel war vor dem Gipfel spekuliert worden, Gastgeber Recep Tayyip Erdoğan werde die Zusammenkunft der mächtigsten Politiker der Erde wohl kaum zu mehr als zu diplomatisch verbrämten Worthülsen über den gemeinsamen Kampf gegen den Extremismus bewegen können. Doch die Terrornacht von Paris könnte vieles verändert haben. Geht ein Ruck durch die internationale Staatengemeinschaft?

Ein türkischer Kommentator forderte, die Spitzenpolitiker aus aller Welt müssten sich nach den Ereignissen von Paris klar sein, dass es sich um einen Wendepunkt handle. Der Kampf gegen den IS sei spätestens seit Freitagabend nicht mehr auf den Nahen Osten beschränkt und werde sich auch nicht mehr nur mit Luftangriffen und mit der Unterstützung „gemäßigter“ Rebellen in Syrien führen lassen.

„Der Himmel hat sich verdunkelt durch die schrecklichen Angriffe, die in Paris stattfanden“, sagte Obama noch vor Beginn der Sitzungen. Er umschmeichelte die Türkei als „starken Partner“ im Anti-IS-Kampf. Erdoğan gelobte: „Von diesem Gipfel wird eine starke Botschaft ausgehen.“ Über dem von 12.000 Polizisten gesicherten Hotelkomplex von Belek hing die Frage: Wird es nach den Anschlägen von Paris einen internationalen Großangriff auf den IS geben? Obama sprach von einer „Verdopplung“ der Bemühungen, die Jihadistenmiliz zu „eliminieren“.

Erdoğan hatte schon vor dem Gipfel angekündigt, er werde in Antalya die Forderung nach Einrichtung einer Schutzzone in Nordsyrien aufs Tapet bringen. Mithilfe dieser Zone könnte der IS, so das Argument, fernab der türkischen Grenze in Syrien eingekesselt werden. Der Nachzug neuer Kämpfer aus dem Ausland, Geldeinnahmen durch illegale Ölexporte und die Entsendung von Attentätern aus Syrien in andere Länder würden damit erschwert.

So richtig begeistern kann sich aber trotzdem niemand für den türkischen Plan, am allerwenigsten Russland, das den syrischen Diktator Bashar al-Assad unterstützt. Auch blieb am ersten Gipfeltag in Antalya unklar, wer die erforderlichen Bodentruppen für den gefährlichen Einsatz in der „Schutzzone“ bereitstellen würde.

In ihrem Schlussdokument verständigten sich die G20 überdies zu einer gemeinsamen Strategie in der Flüchtlingskrise. Darauf hatten vor allem die Europäer und die Türkei Wert gelegt.

Terror in Paris - Diskutieren Sie mit im Themenforum!

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.11.2015)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.