Hollande schlägt zurück: Aktion scharf gegen Jihadisten

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Der Präsident möchte Hassprediger ausweisen, Terroristen die Staatsbürgerschaft entziehen – und mehr Rechte für Geheimdienste.

Paris. Noch hält nach dem Schock des Terrors vom 13. November in Paris der politische Burgfrieden in Frankreich: Heute, Mittwoch, sollen die Abgeordneten und Senatoren den Notstand auf drei Monate verlängern. Es besteht kein Zweifel daran, dass sowohl die regierenden Sozialisten als auch die Opposition grünes Licht dafür geben werden. Hatte doch der Präsident mit seiner sehr entschlossenen und martialischen Rede vor den in Versailles vereinten Parlamentariern großen Beifall geerntet.

EU-Stabilitätspakt aufgeweicht

Da hatte Hollande auch argumentiert, dass die Staatsmacht im Kampf gegen den IS gestärkt werden muss: So erhält die Polizei in den laufenden Ermittlungen gegen die Terroristen nun Sonderrechte, es dürfen etwa Hausdurchsuchungen ohne richterlichen Beschluss durchgeführt werden.

Doch Hollande fordert noch mehr Rechte ein: Er verlangte eine sofortige Aufrüstung in allen Bereichen, so etwa 10.000 zusätzliche Polizisten und Gendarmen, mehr Richter, Zollbeamte sowie einen sofortigen Stopp des vorgesehenen Abbaus der militärischen Truppenbestände. Aus den Reservisten der Streitkräfte möchte Hollande zudem so etwas wie eine Nationalgarde nach US-Vorbild schaffen, die bei Katastrophen, Krisen und neuartigen Kriegssituationen zum Einsatz kommen soll. Der Präsident macht kein Geheimnis daraus, dass dies teuer wird – und das Loch im Budget vergrößern dürfte. Deshalb signalisierte Hollande den EU-Behörden in Brüssel: „Der Sicherheitspakt kommt vor dem Stabilitätspakt.“ Der versprochene Defizitabbau sei nicht mehr aktuell.

Zudem fordert er mehr Überwachungsrechte für Nachrichtendienste ein. Ausländische Hassprediger und andere Propagandisten, die eine Gefahr für Ordnung und Sicherheit darstellen, sollen rascher ausgewiesen werden. Franzosen, die wegen terroristischer Verbrechen verurteilt wurden, soll die Staatsbürgerschaft aberkannt werden – auch jenen, die in Frankreich geboren wurden – sofern sie eine zweite Staatsbürgerschaft besitzen. Bereits jetzt werden französische Staatsbürger, die in Syrien gekämpft haben und zurückkehren, unter Hausarrest gestellt. Und Terroristen, die ihre Strafe bereits abgebüßt haben, sollen weiter unter Beobachtung stehen. Premier Manuel Valls hatte zudem gefordert, dass alle radikalen Moscheen in Frankreich geschlossen werden.

Waffengesetze werden gelockert

Auch die Macht der Sicherheitskräfte soll nach Wunsch des Präsidenten gestärkt werden: So sollten Polizisten Waffen nicht nur mehr zur Notwehr einsetzen dürfen (also wenn ihr Leben bedroht ist), sondern auch, um gefährliche und bewaffnete Kriminelle auf der Flucht zu stoppen. Diese Forderungen hatte die bürgerliche Opposition bereits zu Jahresbeginn, nach dem Blutbad in der Redaktion von „Charlie Hebdo“, gestellt. So begrüßte der frühere konservative Premier François Fillon die Vorhaben, stichelte aber zugleich: „Da ist so viel Zeit verloren gegangen.“ Hollande brauche jetzt aber die Unterstützung der Opposition, sagte er.

Und erst recht ist er auf die Stimmen seiner politischen Gegner angewiesen, weil er zudem eine Verfassungsänderung wünscht, um das Grundgesetz einer vor fünfzig Jahren (als die Verfassung der Fünften Republik redigiert wurde) nicht vorgesehenen Bedrohungslage anzupassen.

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("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.11.2015)

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