Paris: Getötete Frau war Cousine des Terror-Drahtziehers

Spurensuche in Saint Denis
Spurensuche in Saint Denis APA/EPA/CHRISTOPHE PETIT TESSON
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In der erstürmten Wohnung in Saint Denis wurde eine dritte Leiche gefunden - sie ist bisher nicht identifiziert. In Paris gab es indes 107 Festnahmen, 793 Häuser wurden seit den Anschlägen durchsucht.

Zwei Tage nach der Erstürmung einer Wohnung im Pariser Vorort Saint Denis ist am Freitag ein weiterer Leichnam gefunden worden. Dabei soll es sich angeblich um eine weibliche Leiche handeln, berichten französische Medien. Aus Ermittlerkreisen heißt es allerdings, dass die Leiche so schwer verstümmelt sei, dass es sich auch um einen Mann handeln könnte. Die Überprüfung der Identität läuft.

Bei dem Einsatz am Mittwoch war es zu einem heftigen Feuergefecht gekommen. Der oberste Staatsanwalt der französischen Hauptstadt, Francois Molins, sprach von „rund 5000 Schüssen“. Drei Menschen kamen dabei ums Leben, darunter der mutmaßlichen Drahtzieher der Terrorserie, Abdelhamid Abaaoud, sowie eine 26-jährige Frau, die sich bei der Erstürmung des Hauses mit einem Sprengstoffgürtel selbst getötet hatte. Bei letzterer handelt es sich um Abaaouds Cousine Hasna Aitboulahcen. Sie wurde anhand ihrer Fingerabdrücke identifiziert, zudem wurde unter den Trümmern ihr Pass gefunden.

Der Sender BFMTV veröffentlichte unterdessen ein Bild aus einem Sicherheitsvideo, das den 28-jährigen Abaaoud am 13. November um 22.14 Uhr in der Metro-Station Croix de Chavaux in Montreuil zeigen soll. Kurz zuvor waren Cafes und Restaurants im Osten von Paris attackiert worden. Dafür spricht, dass die Ermittler unweit der Metro-Station der Linie M9 einen schwarzen Seat sichergestellt haben, aus dem heraus die Attentäter die Cafes und Restaurants beschossen hatten. Der Wagen war von Brahim Abdeslam gemietet worden, der sich bei den Angriffen selbst in die Luft sprengte.

Bruder von Abdelhamid Abaaoud verhaftet

Gegen Mittag vermeldeten marokkanische Behörden, dass sie den jüngeren Bruder von Abdelhamid Abaaoud festgenommen hätten. Er befinde sich schon seit etwa einem Monat in Polizeigewahrsam, schreibt die Nachrichtenagentur Reuters. Yassine Abaaoud soll demnach in Agadir verhaftet worden sein, der Heimatstadt seines Vaters. Nicht klar ist derzeit allerdings, ob Yassine Verbindungen zu Terrorzellen hat.

Der Vater der beiden, Omar Abaaoud, bedauerte indes, dass sein älterer Sohn nicht lebend aufgegriffen wurde. Er hätte sich gewünscht, dass Abdelhamid Abaaoud verhört werde, um zu verstehen, warum er sich so entwickelt habe, berichtete die Zeitung „Le Monde“. Omar Abaaoud befinde sich derzeit in Marokko, heißt es in dem Artikel weiter. Er habe kein Ansuchen gestellt, den Leichnam des Körpers seines Sohnes überstellen zu lassen. In einem Bericht des Senders „CNN“ klang das allerdings anders: Dort sagte die Anwältin Nathalie Gallant, die Omar Abaaoud vertritt, dieser habe den getöteten Terroristen für einen „Psychopathen und Teufel" gehalten und er sei „erleichtert" gewesen, als er von dessen Tod erfahren habe.

793 Hausdurchsuchungen, 107 Festnahmen

In Frankreich werden die Ermittlungen nach den Terroranschlägen von Paris weiter mit Hochdruck vorangetrieben. Seit den Attentaten gab es 793 Hausdurchsuchungen, wie Innenminister Bernard Cazeneuve mitteilte. 107 Personen wurden vorläufig festgenommen, 90 von ihnen kamen in Polizeigewahrsam, 164 Menschen seien unter Hausarrest gestellt worden, 174 Waffen wurden beschlagnahmt. Zudem seien 250.000 Euro sichergestellt worden, berichtete Cazeneuve.

Der Opfer der Anschläge von vergangenem Freitag soll übrigens mit einer zentralen Zeremonie gedacht werden. Zu den Feierlichkeiten am 27. November werde auch Präsident Francois Hollande erwartet, berichtete „Europe 1“. Und ein weiteres Signal wird gesendet: Im Großraum Paris sollen noch mehr bewaffnete Patrouillen eingesetzt werden. Konkret sollen weitere 1500 Militärs mobilisiert werden, sagte Polizeipräfekt Michel Cadot. Diese Einheiten ergänzten die bereits seit Anfang der Woche zusätzlich eingesetzten 1000 Kräfte. Bereits vor den jüngsten Anschlägen waren 3900 Militärs zur Sicherung im Raum Paris eingesetzt gewesen.

Außerdem entsendet Frankreich Spezialkräfte der Polizei nach Mali. Etwa 50 Polizisten, die im Anti-Terror-Kampf ausgebildet seien, stünden unmittelbar vor ihrer Abreise nach Bamako, wo Freitagvormittag ein Luxushotel gestürmt wurde, sagt ein Polizeisprecher.

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(hell/Reuters/AFP/APA)

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