Immer mehr Staaten, deren Bürger zu Opfern des islamistischen Terrors wurden, wollen bei der Bekämpfung der Extremisten zusammenarbeiten. Diese Woche wird für die Kooperation entscheidend.
Kuala Lumpur/Paris. Nach der verheerenden Anschlagsserie jihadistischer Terrorgruppen seit drei Wochen vom Sinai über Beirut bis Paris und Bamako mit hunderten Opfern beginnt die Weltpolitik zu rotieren. Angetrieben von dem französischen und dem russischen Präsidenten, François Hollande und Wladimir Putin, deren Länder von heimtückischen Anschlägen der Terrormiliz Islamischer Staat jüngst besonders betroffen waren, kommen jetzt von verschiedensten Seiten Appelle zur weltweiten Zusammenarbeit bei der Terrorbekämpfung und werden in diversen Hauptstädten entsprechende Pläne ausgearbeitet.
Beim ostasiatischen Gipfeltreffen in Kuala Lumpur rief UNO-Generalsekretär Ban Ki-moon insbesondere die USA und Russland dazu auf, im Kampf gegen den Terrorismus zu kooperieren: „Wir müssen jetzt weltweite Solidarität zeigen, um dem gemeinsamen Feind, dem IS und anderen extremistischen und terroristischen Gruppen, die Stirn zu bieten.“ Russlands Präsident, Putin, erklärte sich bereits am Samstag zu dieser globalen Zusammenarbeit bereit, da auch beim Terrorüberfall auf ein Hotel in Bamako erneut sechs Russen unter den Opfern waren.
Der russische Regierungschef, Dmitrij Medwedjew, erklärte in Kuala Lumpur, der Kampf gegen den Terrorismus werde nur dann erfolgreich sein können, wenn „alle notwendigen Maßnahmen“ von internationalen Institutionen wie der UNO koordiniert würden. Ban Ki-moon kündigte für diese Woche einen umfangreichen Plan seiner Organisation gegen Gewalt und Extremismus an. Da zuletzt auch chinesische Staatsbürger Opfer des Jihadisten-Terrors wurden, will sich auch Peking in die internationale Allianz gegen die islamischen Extremisten einreihen.
Angesichts der dieswöchigen Termine und Reisepläne des französischen Präsidenten, Hollande, sehen sich manche Beobachter bereits an eine Wiedererstehung der Anti-Hitler-Allianz erinnert: Hollande trifft heute in Paris den britischen Premier, David Cameron, am Dienstag reist er zu US-Präsident Barack Obama in Washington, am Donnerstag zu Präsident Putin nach Moskau, am Mittwoch empfängt er zudem die deutsche Bundeskanzlerin, Angela Merkel, in Paris.
Ruf nach militärischer Abstimmung
Hollande hat angesichts des Schocks über die Ermordung von 130 Menschen bei der Terrorattacke vom 13. November in Paris die große Mehrheit der Franzosen hinter seinem Kurs der Härte. Gleichzeitig warnte der französische Generalstabschef, Pierre de Villiers, in einem Zeitungsinterview davor, nun einen raschen Sieg gegen die Terrormiliz IS zu erwarten. Die französische Luftwaffe bombardiert seit einer Woche verstärkt Ziele des IS in Syrien. Laut General de Villiers gibt es bisher aber keine Koordination der Angriffe und Ziele mit der russischen Luftwaffe, die ihre Präsenz in Syrien in den vergangenen Tagen weiter ausgebaut hat. Auch die militärische Abstimmung wird also Thema der Gespräche Hollandes in Moskau sein.
Einer Neuauflage der Allianz aus dem Zweiten Weltkrieg steht nach dem jetzigen Stand der Dinge vor allem eine Person im Weg: Bashar al-Assad, Syriens Machthaber. US-Präsident Obama wie der französische Außenminister, Laurant Fabius, erklärten am Wochenende erneut, dass es für Assad keinen Platz im künftigen Syrien geben könne: „Die USA werden unter keinen Umständen einer politischen Lösung des syrischen Bürgerkriegs zustimmen, bei der Assad an der Macht bleibt. Denn er hat jede Legitimität verspielt. Die große Mehrheit der Syrer hasst Assad und wird nicht aufhören zu kämpfen, solange er an der Macht ist“, erklärte Obama in Kuala Lumpur.
Der deutsche Außenminister, Frank-Walter Steinmeier, wiederum forderte am Wochenende den Zusammenschluss aller Anti-IS-Kräfte in Syrien: „Es muss endlich Schluss damit sein, dass sich die syrische Armee, die Freie Syrische Armee und moderate Milizgruppen im Drei-Fronten-Krieg verschließen, statt gemeinsam gegen den IS zu kämpfen.“ Den Einsatz westlicher Bodentruppen aber lehnte er erneut ab.
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("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.11.2015)