Paris-Terror: Rekrutierung am Budapester Ostbahnhof

Im Chaos des Budapester Ostbahnhofs Keleti dürfte einer der Drahtzieher der Paris-Anschläge Unterstützer rekrutiert haben.
Im Chaos des Budapester Ostbahnhofs Keleti dürfte einer der Drahtzieher der Paris-Anschläge Unterstützer rekrutiert haben.APA/EPA/Zsolt Szigetvary
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Einer der Drahtzieher hat in Budapest Flüchtlinge angesprochen und mit ihnen das Land verlassen. In Belgien wurden zwei weitere Verdächtige verhaftet.

Einer der mutmaßlichen Drahtzieher der Anschläge von Paris soll sich vor den Attentaten in Ungarn aufgehalten haben. Das hat der ungarische Kanzleramtsminister Janos Lazar am Donnerstag bei einer Pressekonferenz in Budapest erklärt. Der Mann habe am Budapester Ostbahnhof Keleti eine Gruppe von gestrandeten Flüchtlingen "rekrutiert" und mit diesen das Land verlassen, so Lazar laut MTI.

Zum Zeitpunkt dieser Vorgänge hätten die ungarischen Behörden nichts davon gewusst, sie seien später von den Geheimdiensten der Partnerländer darüber informiert worden, sagte Lazar weiter. Genaue Zeitangaben zur angeblichen "Rekrutierung" machte er nicht. Er bezog sich aber auf die Budapester Flüchtlingskrise von Ende August und Anfang September, als mehrere Tausend Flüchtlinge am Ostbahnhof der Hauptstadt kampierten. Auch den Namen des Verdächtigen nannte Lazar nicht.

Der französische Sender RTL hatte am Mittwoch unter Berufung auf Ermittler berichtet, der per Haftbefehl gesuchte mutmaßliche Paris-Attentäter Salah Abdeslam sei im September an der Grenze zwischen Österreich und Ungarn zusammen mit zwei Männern in einem in Belgien gemieteten Auto kontrolliert worden. Es habe sich um zwei Syrien-Rückkehrer gehandelt, die sich bei den Pariser Attentaten am 13. November selbst in die Luft gesprengt hatten, hieß es. Der Sprecher des Innenministeriums, Karl-Heinz Grundböck, konnte die Angaben am Mittwochabend auf Nachfrage nicht bestätigten. Bekannt ist , dass Abeslam am 9. September aus Deutschland kommend bei der Einreise nach Oberösterreich kontrolliert wurde.

Zwei weitere Terror-Verfahren in Belgien

In Belgien sind nach den Anschlägen von Paris Strafverfahren gegen zwei weitere Verdächtige eingeleitet worden. Die Verfahren wegen "Beteiligung an Aktivitäten einer terroristischen Vereinigung" seien bereits am Sonntag direkt nach den Festnahmen eröffnet worden, erklärte die Generalstaatsanwaltschaft am Donnerstag in Brüssel. Bei den Verdächtigen handelt es sich demnach um den 1995 geborenen Franzosen Samir Z. und den 1987 geborenen Belgier Pierre N.

Samir Z. wurde laut Generalstaatsanwaltschaft am Brüsseler Flughafen Zaventem festgenommen, als er ein Flugzeug nach Marokko besteigen wollte. Er könnte in der Vergangenheit mindestens zwei Mal versucht haben, nach Syrien zu gelangen, erklärte die Behörde weiter. Zudem sei er verdächtig, ein Bekannter von Bilal Hadfi gewesen zu sein. Hadfi gehörte zu den Attentätern von Paris - er hatte sich am Stade de France in die Luft gesprengt. Pierre N. wurde den Angaben zufolge in seiner Wohnung im Brüsseler Brennpunkt-Stadtteil Molenbeek festgenommen.

Einschließlich der beiden neuen Fälle wurden laut Generalstaatsanwaltschaft bisher acht Strafverfahren eingeleitet.

Paris macht Tempo bei Verfassungsänderung

Die französische Regierung will nach den Anschlägen von Paris noch in diesem Jahr eine Verfassungsreform in Angriff nehmen, um den Ausnahmezustand im Grundgesetz zu verankern. Die Verfassungsreform solle am 23. Dezember das Kabinett passieren, verlautete am Donnerstag aus Regierungskreisen in Paris.

Laut dem vorläufigen Reformtext mit dem Titel "Schutz der Nation", welcher der Nachrichtenagentur AFP vorlag, soll auch die Möglichkeit in der Verfassung festgeschrieben werden, Franzosen mit doppelter Staatsbürgerschaft nach einer Verurteilung wegen Terrorvorwürfen die französische Staatsbürgerschaft zu entziehen.

Laut dem Text für eine Verfassungsreform soll der Ausnahmezustand zunächst für eine Dauer von maximal zwölf Tagen verhängt werden können. Für eine Verlängerung ist ein eigenes Gesetz und damit die Zustimmung des Parlaments notwendig - diese Regelung gilt bereits heute. Einige der während eines Ausnahmezustands verhängten Maßnahmen sollen aber künftig auch dann in Kraft bleiben können, wenn der Notstand bereits nicht mehr gilt, allerdings höchstens sechs Monate lang.

Die Regierung hat die Verfassungsreform bereits Frankreichs Oberstem Verwaltungsgericht zur Prüfung vorgelegt. Letztlich wird noch das Parlament zustimmen müssen. Hollande hatte den Ausnahmezustand nach den Anschlägen vom 13. November mit 130 Toten verhängt. In der Folge wurden die Maßnahmen um drei Monate verlängert und gelten damit bis Ende Februar.

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(APA/Reuters/dpa)

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