Der Präsidentschaftsbewerber möchte nun durch die wachsende Islamophobie im Land punkten. Für seine Aussagen erntete er heftige Kritik: Selbst republikanische Mitbewerber nannten ihn „komplett verwirrt“.
Washington. Der strittige US-Milliardär Donald Trump sorgt wieder einmal für Schlagzeilen: Der Bewerber um die Kandidatur der Republikaner im Rennen um das Weiße Haus 2016 hat sich nun „für ein komplettes US-Einreiseverbot für Muslime“ ausgesprochen.
Der Unternehmer begründete die Forderung mit einer Umfrage, in der eine große Zahl der befragten Muslime Gewalt gegen Amerikaner in den USA bejaht habe, weil sie Teil des globalen Jihad sei. Die Umfrage wurde angeblich im Frühsommer 2015 unter 600 Menschen gemacht. Eine entsprechende Mitteilung des befragenden Instituts soll vom 23. Juni stammen. Einige Medien bezeichneten die Befragung allerdings als zweifelhaft.
„Solange wir dieses Problem und die damit verbundenen Gefahren nicht verstehen, darf unser Land kein Opfer der Attacken von Leuten werden, die an den Jihad glauben“, so der Milliardär.
Trumps Forderung kommt wenige Tage nach einer mutmaßlichen Terrorattacke im kalifornischen San Bernardino, bei der 14 Menschen erschossen wurden. Eine Täterin hatte sich vor der Attacke als Anhängerin der Terrormiliz IS (Islamischer Staat) offenbart. Die beiden Täter – ein Mann und eine Frau – waren Muslime.
„Trump, du begreifst es nicht“
Der Unternehmer erntete für seinen Vorstoß heftige Kritik. Selbst seine Mitbewerber unter den Republikanern lehnten das Statement des Unternehmers mit zum Teil harschen Worten ab. „Trump ist wohl komplett verwirrt“, sagte etwa der Republikaner Jeb Bush. Parteikollege Ben Carson meinte, der Glaube solle zwar nicht zu einem Kriterium gemacht werden, wer einreisen dürfe. Jedoch sollte jeder Besucher während seines Aufenthalts in den USA überwacht werden. Dies sei in anderen Staaten eine gängige Praxis. Umgehend reagierte die demokratische Präsidentschaftsbewerberin, Hillary Clinton, auf Twitter: „Skandalös, verwerflich, spalterisch. Trump, du begreifst es nicht.“
Doch Trump dürfte auf offene Ohren stoßen. Die Ereignisse von San Bernardino und zuvor die Terroranschläge von Paris haben in den USA in den vergangenen Wochen die Ressentiments gegen Muslime befeuert. Das Thema spielt im Wahlkampf um die Präsidentschaft eine immer größere Rolle.
Einer der größten Muslimverbände in den USA sieht indes die Religionsfreiheit des Landes durch das aufgeheizte politische Klima bedroht. „Der IS versucht doch, die religiöse Freiheit in den USA zu unterminieren, und viele Politiker springen im Wahlkampf kleingeistig auf diesen Zug auf“, warnte Nihad Awad, Präsident des Council on American-Islamic Relations (Cair). Manche Kandidaten spielten dem IS unmittelbar in die Hände – ob willig oder nicht. „Die USA sollten sich vor Ignoranz fürchten, nicht vor Muslimen“, sagte Awad.
Das Weiße Haus erklärte in einer Reaktion auf Trump, dass ein Einreiseverbot für Muslime gegen die amerikanischen Werte verstoße und die Landessicherheit gefährde. „Teil unserer Verfassung ist der Respekt vor Religionsfreiheit“, sagte ein Berater des Weißen Hauses, Ben Rhodes, dem TV-Sender CNN.
Präsident Barack Obama hatte erst am Sonntagabend in einer Rede an die Nation eindringlich vor Hass, Misstrauen und Angst gegenüber Muslimen gewarnt. „Wir dürfen uns nicht gegeneinander wenden, indem wir diesen Kampf als Krieg zwischen Amerika und dem Islam definieren“, sagte der Staatschef und versprach den Amerikanern, „die Miliz und andere extremistische Organisationen, die eine Bedrohung darstellen, zu zerstören“. (ag.)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.12.2015)