Nahost: Saudis schmieden Antiterrorallianz

SAUDI-ARAB-LATAM-SUMMIT
SAUDI-ARAB-LATAM-SUMMIT(c) APA/AFP/FAYEZ NURELDINE (FAYEZ NURELDINE)
  • Drucken

Das Golf-Königreich will sein angeschlagenes Image verbessern. Der forsche Verteidigungsminister, Mohammed bin Salman, ruft eine islamische Koalition gegen Terrorismus ins Leben.

Kairo/Riad. Er ist um große Worte nicht verlegen. „Nicht nur den Islamischen Staat, jede Terrororganisation, die vor uns auftaucht, werden wir uns vorknöpfen“, brüstete sich Saudiarabiens Vizekronprinz, Mohammed bin Salman. Überraschend kündigte der Verteidigungsminister an, 34 Staaten hätten unter der Führung Saudiarabiens eine islamische Allianz gegen den Terror geschmiedet, „um diese Krankheit auszurotten“. Bei den Einzelheiten dagegen blieb der forsche Königssohn ausgesprochen vage. Nur so viel war dem Gründungsmanifest zu entnehmen: Die Koordinationszentrale wird in der saudischen Hauptstadt Riad eingerichtet, alle Staaten sollen freiwillig entscheiden, was sie an Militärkapazitäten beisteuern, und die neue Koalition wird nicht in einem Land gegen dessen Willen intervenieren.

Mohammed bin Salman weiß, dass er dringend etwas tun muss, um sein internationales Ansehen aufzupolieren und die eigene Bevölkerung zu beruhigen. Der von ihm und seinem Vater, König Salman, im Jemen vom Zaun gebrochene Krieg entwickelt sich immer mehr zu einem humanitären, außenpolitischen und militärischen Desaster. Mehr als 6000 Menschen sind gestorben, die fragile Infrastruktur des arabischen Armenhauses an der Südspitze der Arabischen Halbinsel ist zerstört.

Dafür hat sich in dem angerichteten Chaos erstmals der sogenannte Islamische Staat (IS) im Jemen fest etabliert. Vergangene Woche ermordeten die Jihadisten den Gouverneur von Aden mit einer Autobombe. Auch Terrorkonkurrent al-Qaida ist stärker als je zuvor. In der Regionalhauptstadt Mukalla und der Südprovinz Abyan riefen Jihadisten ein eigenes Kalifat aus. Teile der Hafenstadt Aden haben sie fest unter Kontrolle.

Pentagon ist frustriert

Selbst die USA, die bisher für Nachschub an Raketen und Bomben sorgten, haben inzwischen die Nase voll von dem unkalkulierbaren saudischen Krieg und setzten für Dienstag einen einwöchigen Waffenstillstand sowie Friedensgespräche in der Schweiz durch (siehe nebenstehender Artikel).

Zugleich frustriert die Pentagonplaner, dass sich Saudiarabien und die anderen Golfstaaten faktisch aus dem internationalen Luftwaffenbündnis gegen den Islamischen Staat zurückgezogen haben. Seit Monaten operieren ihre Jets nur noch über dem Jemen, während die USA mit gut 90 Prozent der Einsätze die IS-Jihadisten praktisch im Alleingang angreift – in geringem Maße unterstützt von Frankreich, Deutschland, Australien und bisweilen Russland.

Und so wird die Kritik an Saudiarabien und seiner Antiterrorstrategie immer lauter. Anfang Dezember bescheinigte der deutsche Bundesnachrichtendienst (BND) dem arabischen Verbündeten eine „impulsive Interventionspolitik“, die die Stabilität der Golfregion gefährde – ein Urteil, das vor allem auf den 30-jährigen Verteidigungsminister gemünzt ist. König Salman und sein Sohn Mohammed wollten sich als „Anführer der arabischen Welt profilieren“, hieß es in dem Memorandum. Eine Einschätzung, von der sich das Außenamt in Berlin sofort distanzierte. Vizekanzler Sigmar Gabriel dagegen setzte Tage später noch eins drauf und warf Saudiarabien vor, Extremismus zu exportieren.

Diese Vorwürfe, die auch von anderen westlichen Regierungen geteilt werden, will die saudische Führungsspitze nicht länger auf sich sitzen lassen. Und so griffen ihre Medienstrategen vergangene Woche zunächst zum Mittel einer 66.000 Euro teuren Zeitungsanzeige. Auf der eng bedruckten FAZ-Seite versuchten sie, der deutschen Öffentlichkeit die „anti-terroristischen Zielstellungen“ und „taillierten Strategien gegen Radikalismus“ nahezubringen – wegen der holprigen und streckenweise unverständlichen Übersetzung ins Deutsche eine peinliche PR-Blamage.

Iran und Irak sind nicht dabei

In Riad legte der Vizekronprinz Mohammed bin Salman nun mit seiner neuen islamischen Antiterrorkoalition nach, auf deren Teilnehmerliste die Mehrzahl aller muslimischen Staaten steht, nicht jedoch Erzfeind Iran, Irak, Syrien und Afghanistan. Man habe „die Pflicht, die islamische Gemeinschaft vor dem Übel aller terroristischen Gruppen und Organisationen zu schützen“, heißt es in der luftigen Erklärung, die zugleich einräumt, dass noch nicht alle Teilnehmer ihren Beitritt rechtlich verbindlich erklärt hätten.

So erinnert das Ganze sehr an das andere arabische Allianzprojekt dieses Jahres, die im März auf der Investorenkonferenz in Sharm el-Sheikh ausgerufene panarabische Armee gegen den Terror. Doch bereits die ersten Gespräche der arabischen Generalstäbe endeten in Gezänk. Im September wurde das ganze Projekt dann für unbestimmte Zeit vertagt – auf Wunsch Saudiarabiens.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.12.2015)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Houthi-Rebellen im Jemen
Außenpolitik

Saudiarabien verkündet islamische Anti-Terrorallianz

34 Staaten, darunter Ägypten, die Vereinigten Arabischen Emirate und die Türkei, sollen Teil des Bündnisses sein. Ziel ist der Kampf gegen "jede terroristische Organisation".

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.