Afghanistan: Kämpfe zwingen Zehntausende zur Flucht

Nach einem Anschlag in Kabul.
Nach einem Anschlag in Kabul.APA/EPA/JAWAD JALALI
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6,3 Millionen Afghanen sind von Konflikten zwischen Aufständischen und Sicherheitskräften betroffen. 200.000 sind heuer innerhalb des Landes geflüchtet.

Rund 200.000 Menschen haben heuer nach UNO-Angaben innerhalb Afghanistans die Flucht ergriffen. Dies sei, verglichen mit 2014, ein Anstieg von 64 Prozent, sagte der Afghanistan-Beauftragte Mark Bowden am Mittwochabend in New York. Demnach sind derzeit insgesamt geschätzte 6,3 Millionen Afghanen von Kampfhandlungen zwischen Aufständischen und afghanischen Sicherheitskräften betroffen.

Im jüngst veröffentlichten Weltenwicklungsreport der Vereinten Nationen steht Afghanistan jetzt auf Rang 171 von 188. Damit fiel das Land seit dem vergangenen Jahr um zwei Plätze. Für das Ranking misst die UNO Lebenserwartung, Zugang zu Bildung, Einkommen und andere Indikatoren.

Auch die Zahl der von den radikal-islamischen Taliban eroberten Distriktzentren in Afghanistan ist 2015 sprunghaft angestiegen. "23 Distriktzentren wurden in diesem Jahr von Taliban erobert. 2014 waren es drei", sagte Bowden. Solche Gebietsgewinne sind oft nur kurzfristig, wie zum Beispiel bei der Einnahme der Provinzhauptstadt Kunduz im September. Sie senden aber Schockwellen in die Bevölkerung.

Mehr Taliban-Attacken 2015

Auf eine sich verschlechternde Sicherheitslage in Afghanistan weisen auch die USA hin. In den vergangenen sechs Monaten hätten die Attacken der radikalislamischen Taliban zugenommen, heißt es in einem am Dienstag vom Verteidigungsministerium veröffentlichten Bericht.

Sowohl unter den Taliban als auch in den Rängen der afghanischen Sicherheitskräfte seien mehr Menschen bei Kämpfen ums Leben gekommen. Die Taliban stellten vor allem in ihren traditionellen Hochburgen wie der Provinz Helmand eine Bedrohung dar, schrieb das Pentagon. Auch in anderen Landesteilen, etwa in der Stadt Kunduz in Nordafghanistan, hätten die Aufständischen vorübergehend für "Instabilität" gesorgt. Allerdings hätten die afghanischen Sicherheitskräfte weiter die Kontrolle über "alle großen Bevölkerungszentren" des Landes.

Wegen der verschlechterten Sicherheitslage hatte die NATO bereits Anfang Dezember beschlossen, im kommenden Jahr in praktisch unveränderter Stärke von etwa 12.000 Soldaten in Afghanistan zu bleiben. Der 2001 begonnene Kampfeinsatz war vor knapp einem Jahr beendet und durch die Ausbildungs- und Unterstützungsmission der NATO "Resolute Support" abgelöst worden. Die deutsche Bundeswehr soll 2016 ihren Einsatz in Afghanistan sogar leicht ausweiten. Das neue Mandat mit einer Obergrenze von 980 Soldaten soll Mitte Dezember endgültig vom Bundestag verabschiedet werden.

(APA/AFP)

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