Fragenmarathon rund um den Ölpreis

Russland. Das Hauptthema bei Putins diesjähriger Pressekonferenz: Wie geht es weiter?

Moskau/Wien. Aus allen Ecken und Enden des Riesenreichs waren Journalisten nach Moskau gekommen, um Präsident Wladimir Putin bei seiner Jahrespressekonferenz Fragen zu stellen: So unterschiedlich (und gleichzeitig wenig überraschend) die Wortmeldungen, so könnte man als kleinsten gemeinsamen Nenner eine gewisse Beunruhigung notieren, die vielen Fragen zugrunde lag. Die Beunruhigung darüber, ob und vor allem wie der russische Staat trotz Ölpreisverfalls weiter seinen Pflichten gegenüber den Bürgern nachkommen und die Wirtschaftskrise meistern könne.

Putin selbst gab sich gleich zu Beginn große Mühe, allfällige Bedenken zu zerstreuen. Kompliziert und langatmig zitierte er aus diversen Statistiken, die belegen sollten, dass sich die russische Wirtschaft stabilisiert habe. „Der Höhepunkt der Krise ist überschritten“, sagte er am Schluss seines langen Eingangsstatements. Freilich musste der Präsident in Detailfragen einräumen, dass längst nicht alle Probleme geklärt seien. Etwa, dass Budget und Wirtschaftswachstum für das Folgejahr mit dem „optimistischen“ Ölpreis von 50 Dollar pro Barrel berechnet worden waren. Putin geht von einem Wirtschaftswachstums von 0,7 Prozent für das kommende Jahr aus; 1,9 Prozent prognostizierte er für 2017; 2,4 Prozent für 2018. Da Öl derzeit noch weniger kostet, habe die Regierung „Berechnungen für alle Eventualitäten“ vorbereitet, versicherte er.

„Leute im Militärbereich“

Die Überraschung der im TV übertragenen Veranstaltung war Putins Bemerkung über das russische Engagement in der Ostukraine. Dem Kommentar eines ukrainischen Journalisten über reguläre Armeeangehörige im Donbass widersprach Putin zwar, sagte jedoch: „Wir haben nie behauptet, dass dort nicht Leute sind, die verschiedene Aufgaben – darunter im Militärbereich – ausführen.“ Dieser Satz lässt in seiner Vagheit zwar vieles offen, ist aber als partielles Eingeständnis zu werten. Der Kreml hatte bisher nur von Freiwilligen gesprochen und jede staatlich organisierte Einmischung in der Ostukraine abgestritten. Putin erklärte weiters, Moskau habe kein Interesse an einer Verschärfung des Konflikts, beschuldigte Kiew aber, im Friedensprozess vereinbarte Reformen zu verschleppen.

Während es auch für die Türkei Schelte setzte, lobte der Kreml-Chef überraschend den republikanischen Präsidentschaftskandidaten Donald Trump. Der sei ein „sehr schillernder, sehr talentierter“ Mann, dessen Ankündigung, die Beziehungen der USA zu Russland intensivieren zu wollen, mehr als willkommen sei. (som)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.12.2015)

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