Serbien und Kroatien rüsten (rhetorisch) auf

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Ein hitziger Streit über alte US-Raketenwerfer überschattet die Beziehungen zwischen den einstigen Kriegsgegnern Kroatien und Serbien.

Belgrad. Seit Wochen überschatten bizarre Aufrüstungsdrohungen die labilen Beziehungen zwischen den einstigen Kriegsgegnern Kroatien und Serbien. Anlass des Nachbarschaftsärgers der beiden künftigen EU-Partner sind Raketen, die noch gar nicht stationiert sind. Wegen der Absicht des EU- und Nato-Mitglieds Kroatiens, die eigene Armee mit von den USA ausrangierten Raketenwerfern des Typs M-270 zu „modernisieren“, fühlt sich der EU-Beitrittskandidat Serbien wegen deren 300-Kilometer-Reichweite bedroht – und kündigt im kleinen Kalten Balkankrieg auch ohne Mittel erzürnt den Erwerb eines russischen Raketenabwehrsystems an.

Niemand könne erwarten, dass Serbien „den Hals seiner Bürger auf das Schafott legen und die Exekution abwarten“ werde, verkündete am Donnerstag Serbiens Präsidentensprecherin Stanislava Pak. Als „lächerlich“ hatte zuvor Kroatiens Verteidigungsminister Ante Kotromanović die Vorwürfe bezeichnet, das militärische Gleichgewicht in der Region aus der Balance bringen zu wollen.

Das Ende des Kroatien-Kriegs liegt mehr als zwei Jahrzehnte zurück. Doch noch immer misstrauen sich die Nachbarn. Zu einem neuerlichen Waffengang sind die wirtschaftlich angeschlagenen Ex-Gegner zwar weder fähig noch willens. Doch sobald eine Wahl ansteht, wird die Erinnerung an die Kriegsschrecken auch zur Selbstprofilierung nach Kräften reaktiviert; waren es 2015 die Präsidentschafts- und Parlamentswahlen in Kroatien, sind es nun bevorstehende Wahlen in Serbien. Ein eher rhetorischer Rüstungswettlauf.

Belgrad plane keine russischen Waffenkäufe, dafür fehle es an Geld, berichtet die Belgrader Zeitung „Danas“ mit Verweis auf eine anonyme Quelle des Verteidigungsministeriums.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.01.2016)

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