US-Wahlkampf: Hillary Clinton legt die Glacéhandschuhe ab

Hillary Clinton.
Hillary Clinton.(c) Bloomberg (Patrick T. Fallon)
  • Drucken

Der Vorsprung der früheren Außenministerin in den Umfragen auf ihren Herausforderer Bernie Sanders schrumpft. Sie greift diesen nun erstmals offen an und wirft ihm vor, das Obama-Erbe zu gefährden.

Washington. Am Montag in zwei Wochen entscheiden die Demokraten und Republikaner im US-Teilstaat Iowa darüber, wen sie ins Rennen um das Weiße Haus schicken. Das lässt für Hillary Clinton, die frühere First Lady, Senatorin und Außenministerin ein acht Jahre altes Schreckgespenst auferstehen. Damals lag sie wie heute monatelang in den Umfragen klar vor ihrem Herausforderer, verlor die Vorwahl in Iowa aber (2008 landete sie hinter Barack Obama und John Edwards auf Platz drei).

Heute spürt sie, bildlich gesprochen, den sozialistischen Senator Bernie Sanders aus Vermont im Nacken. Die jüngste Umfrage der Zeitung „Des Moines Register“ sieht Clinton in Iowa bei 42 und Sanders bei 40 Prozent. Zudem erklärten 43 Prozent der Befragten, die auch angaben, an der Vorwahl teilzunehmen, dass sie Sozialisten seien. Angesichts einer Schwankungsbreite dieses Ergebnisses von 4,4 Prozentpunkten kann man von einem Kopf-an-Kopf-Rennen sprechen.

Insofern war es in der Nacht auf Montag schlüssig, dass Clinton bei der vierten Fernsehdebatte der drei verbliebenen demokratischen Kandidaten (Martin O'Malley, Ex-Gouverneur von Maryland, liegt in Iowa aussichtslos bei rund sieben Prozent) Sanders erstmals scharf angriff. Sie warf ihm vor, sein Vorschlag der Einführung einer allgemeinen Krankenversicherung nach europäischem Vorbild würde die wichtigste Errungenschaft der Ära Obama, nämlich dessen Affordable Care Act, gefährden.

„Ich will nicht zuschauen, wie die Republikaner ihn abschaffen, und ich will nicht von Neuem mit einer hitzigen Debatte beginnen.“ Auf Sanders' Gegenvorwurf, Clinton sei der Finanzwirtschaft hörig, weil sie von Banken wie Goldman Sachs sechsstellige Gagen für Vorträge erhalten habe und Wahlspenden von der Wall Street annehme, entgegnete Clinton: „Er hat auch Präsident Obama dafür kritisiert, dass er Spenden von der Wall Street annimmt. Er hat ihn schwach und enttäuschend genannt.“

Nate Silver: Clinton wird siegen

Eine eingehendere Befassung mit der politischen Dynamik von Vorwahlen legt allerdings den Schluss nahe, dass Clinton den Sieg in Iowa ziemlich sicher hat. Die Nachrichtenplattform Fivethirtyeight.com des renommierten Statistikers Nate Silver gibt ihr eine 82-prozentige Siegeschance, Sanders hingegen nur 18 Prozent. Dieses Prognosemodell bezieht nämlich die Unterstützungserklärungen lokaler Politiker ein. Und die sind entscheidend, wenn es darum geht, am 1. Februar die Anhänger des jeweiligen Lagers zur Vorwahl zu bringen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.01.2016)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Schlagabtausch Clinton-Sanders
Außenpolitik

US-Wahl 2016: Schlagabtausch zwischen Clinton und Sanders

Der sozialistische Senator wirft der Ex-Außenministerin die Nähe zur Finanzwelt vor. Clinton hält ihm im Gegenzug vor, das politische Erbe von Präsident Obama zu gefährden.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.