Deutschland: Von der Leyen will Milliarden für Ausrüstung

German Defence Minister von der Leyen visits troops
German Defence Minister von der Leyen visits troops(c) Bernd Von Jutrczenka / dpa / pic (Bernd Von Jutrczenka)
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Die Bundeswehr leidet unter Mangel an Ausrüstung und Personal, vor allem die zahlreichen Auslandseinsätze kosten viel Substanz. Ein Bericht sieht die Truppe am Limit.

Berlin. Die deutsche Bundeswehr ist ausgehungert. Von „planmäßiger Mangelwirtschaft“ ist da zu hören. Und davon, dass man mit der Einsatzbereitschaft am Limit sei. Ein Hilferuf, der schon seit Längerem zu hören ist, der nun aber auch in einem Bericht des Wehrbeauftragten, Hans-Peter Bartels, schriftlich festgehalten und am Dienstag offiziell in die Öffentlichkeit getragen wurde. Das Timing hätte nicht besser sein können, wurde doch unmittelbar nach Veröffentlichung des Berichts Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) mit der Forderung nach mehr Geld für das Militär vorstellig – zunächst auf medialem Weg in der Öffentlichkeit, in Kürze wird sie mit ihrem Wunsch auch bei ihrem Parteikollegen und Finanzminister Wolfgang Schäuble anklopfen.

130 Milliarden Euro für 15 Jahre

130 Milliarden Euro will von der Leyen in den kommenden 15 Jahren in militärische Ausrüstung investieren. Das entspricht heruntergerechnet auf die einzelnen Jahre fast einer Verdoppelung des Beschaffungsetats. Im Schnitt sollen jedes Jahr knapp neun Milliarden Euro in Ausrüstung investiert werden. Zum Vergleich: Die militärische Beschaffung bis 2019 ist mit jeweils rund fünf Milliarden Euro pro Jahr im Budget eingeplant.

Dass die deutsche Bundeswehr in den vergangenen 25 Jahren massiv abgespeckt hat, ist lang bekannt. Damals wurden nach der deutschen Wiedervereinigung Bundeswehr und NVA zusammengelegt – und fortan zunehmend geschrumpft. Seit 1990 hat man von fast 600.000 Soldaten auf 177.000 reduziert. Und auch bei der Ausrüstung wurden zuletzt immer mehr Beschwerden laut, vor allem bei Flugzeugen und Hubschraubern. Viele von ihnen erreichten nicht die angestrebte Einsatzbereitschaft von 70 Prozent.

Auf der anderen Seite wurden der schrumpfenden Truppe aber immer mehr Aufgaben zugewiesen. Vor allem auf dem internationalen Parkett ist die Bundeswehr sehr intensiv im Einsatz. Dazu zählt etwa die Beteiligung am Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat in Syrien, die Unterstützung der afghanischen Armee am Hindukusch, der UN-Einsatz in Mali, der Einsatz im Kosovo, aber auch die Teilnahme an der schnellen Eingreiftruppe der Nato. Und dann ist die Bundeswehr auch noch mit Kriegsschiffen im Mittelmeer unterwegs, um schiffbrüchig gewordene Flüchtlinge zu retten, nicht zu vergessen, dass sie im Rahmen der Flüchtlingskrise auch in Deutschland mit rund 9000 Soldaten im Einsatz ist.

„Die Truppe ist es leid“

Noch nie, heißt es im Bericht des Wehrbeauftragten Bartels, habe die Bundeswehr „eine derartige Fülle unterschiedlicher Aufgaben und Einsätze“ bewältigen müssen. In einigen Bereichen sei inzwischen das Limit erreicht, sowohl personell als auch materiell. Das schlage sich ebenso in der Moral nieder: „Die Truppe ist es leid, es fehlt zu viel“, heißt es. Die Bundeswehr sei an einem Wendepunkt, „noch mehr Reduzierung geht nicht“. Hier, so Bartels, sei politisches Nachsteuern dringend erforderlich.

Mit dem Bericht in der Hinterhand stellte Ursula von der Leyen am Mittwoch zunächst dem Bundestag ihre Pläne vor. Konkret sollen 268 zusätzliche Kampf-, Transport- und Spähpanzer beschafft werden, so wie auch 59 schwere Transporthubschrauber und sechs Marine-Hubschrauber. Im nächsten Schritt muss sie diese Wünsche nun beim Finanzminister durchboxen. „Ich habe große Offenheit gespürt“, sagt sie, „und gehe jetzt in die Detailverhandlungen für den Haushalt, aber bin guten Mutes.“ Was für sie aber ein Problem werden könnte: Auch die anderen Ressorts möchten ihren Anteil an den milliardenschweren Überschüssen in Schäubles Kassa haben.

AUF EINEN BLICK

Militär. Derzeit hält die Bundeswehr bei 177.000 Soldaten. In der 2010 eingeleiteten Bundeswehrreform sind eigentlich 185.000 vorgesehen. 1990 verfügte man noch über 600.000 Soldaten. Diese Zahl wurde in den vergangenen 25 Jahren laufend reduziert.

Verpflichtungen. Vor allem die internationalen Einsätze zehren an der Substanz, auch bei der Flüchtlingskrise arbeitet die Bundeswehr mit. Nun soll es mehr Geld für Material für geben.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.01.2016)

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