Kiew: Reformer Abromavičius tritt zurück

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FILES-FRANCE-UKRAINE-ECONOMY-DIPLOMACY(c) APA/AFP/ERIC PIERMONT (ERIC PIERMONT)
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Wirtschaftsminister beklagt Vetternwirtschaft und interne Widerstände.

Wien/Kiew. Bei seinem Amtsantritt nannte Aivaras Abromavičius die Ukraine das „korrupteste Land“ Europas. Der Wirtschaftsminister sagte der Korruption den Kampf an. Gestern gab er seinen Rücktritt bekannt. Er stehe nicht für politische Geschäftemacherei zur Verfügung, sagte er. Abromavičius beschuldigte Kräfte im Umfeld von Präsident Petro Poroschenko, „die Kontrolle über öffentliche Gelder ganz im Stile der früheren Regierung übernehmen“ zu wollen.

Abromavičius, ein früherer Fondsmanager, wurde im Dezember 2014 zum Minister ernannt. Er galt als einer der Hoffnungsträger im Kabinett des angeschlagenen Premiers Arsenij Jazenjuk. Der gebürtige Litauer plante die Privatisierung von Staatsunternehmen und wollte westliche Investoren ins Land holen. Abromavičius identifizierte Ihor Kononenko, einen Vertrauten von Poroschenko, als einen seiner Widersacher. Dieser habe versucht, „seine“ Leute in wichtigen Positionen unterzubringen.

Schon seit Längerem sind westliche Vertreter besorgt um Kiews Reformbereitschaft. Abromavičius' gestrige Kapitulation bewegte mehrere Botschafter zu einem ungewöhnlichen Schritt. Diplomaten der USA, Deutschlands, Schwedens, der Schweiz und weiterer sechs Staaten zeigen sich in einem offenen Brief „tief enttäuscht“. Österreichs Botschafterin in Kiew, Hermine Poppeller, gehört nicht zu den Unterzeichnern des Schreibens, das in der Ukraine Aufsehen erregte. Auf Anfrage der „Presse“ erklärte Poppeller, dass es sich um eine informelle Gruppe großer Geberländer handelte. Österreich sei nicht in diese Initiative eingebunden. Abromavičius' Amtsniederlegung sei „bedauerlich“, so die Botschafterin.

Ob in der Causa das letzte Wort schon gesprochen ist, wird sich in Kürze zeigen: Das Parlament muss Abromavičius' Rücktritt erst annehmen. (som)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.02.2016)

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