Schock über rassistische Gewalt in Prag

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80 Prozent der Tschechen halten Flüchtlinge für Gefahr.

Prag.Es war nicht die erste fremdenfeindliche Demonstration, und doch ist in Prag seit dem von Pegida mitinitiierten Aufmarsch am Wochenende vieles anders. Tschechien sei „auf dem Weg in die Hölle der Gewalt“, schrieb am Montag der Kommentator des Internetportals aktuálné.cz.

Zum ersten Mal wurde bei Protesten gegen Asylwerber, die es in Tschechien so gut wie gar nicht gibt, zugeschlagen. Molotowcocktails wurden auf das Gebäude einer Flüchtlingshilfe-Organisation geworfen, ein Reporterteam des öffentlich-rechtlichen Hörfunks Český rozhlas unter den Augen der untätig bleibenden Polizei angegriffen. Das Radio habe „keinen Schutz verdient, weil es ja nur Lügen verbreitet“, sei ihm von einem Uniformierten gesagt worden, schrieb der Reporter später.

Das Wort von der Lügenpresse ist neu in Tschechien, neben der Gewalt gegen Andersdenkende in der Flüchtlingsfrage. Neu ist auch die große Zahl der „normalen“ Menschen, die sich zu den Protesten aufmachte. „Das sind Leute, die unter normalen Bedingungen nichts mit Extremisten zu tun haben wollen“, analysierte die Zeitung „Hospodářské noviny“.

Präsident Miloš Zeman, der eine harte Haltung vertritt, gehört dabei zu den Profiteuren. Hunderte Demonstranten brüllten am Samstag „Kalaschnikow, Kalaschnikow“ – jenes Wort, das das Staatsoberhaupt kürzlich auf die Frage benutzt hatte, wie man den in der Flüchtlingsfrage moderaten Regierungschef Bohuslav Sobotka „loswerden“ könne. Seit Zeman ausgerechnet am 17. November, dem „Feiertag für Demokratie und Freiheit“, gegen die Flüchtlinge gewettert hat, ist seine Beliebtheit sprunghaft gestiegen. Laut Umfragen sehen mehr als 80 Prozent der Tschechen in den Flüchtlingen eine riesige Gefahr für ihr Land.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.02.2016)

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