Freiheits-Ikone Walesa soll für Geheimdienst gearbeitet haben

Lech Walesa
Lech Walesa APA/AFP/POOL/MARKUS SCHREIBER
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Der Arbeiterführer ein Spitzel? Gerüchte gab es schon länger. Nun soll Walesas Verpflichtungserklärung gefunden worden sein.

Der polnische Gewerkschaftsführer, spätere Präsident und Friedensnobelpreisträger Lech Walesa hat nach Erkenntnissen des Instituts für Nationales Gedenken (IPN) in Warschau für den kommunistischen Geheimdienst gearbeitet.

Im Haus des im November verstorbenen Ex-Generals Czeslaw Jan Kiszczak sei Walesas Personalakt und seine Verpflichtungserklärung zur Zusammenarbeit mit dem Geheimdienst gefunden worden, sagte IPN-Direktor Lukasz Kaminski der Agentur PAP zufolge am Donnerstag. Die Unterschrift Walesas sei authentisch. Es sei "eine handschriftliche Zusage zur Zusammenarbeit" entdeckt worden, unterschrieben mit "Lech Walesa" und dem Tarnnamen "Bolek", erklärte Instituts-Chef Kaminski. Auch lägen Quittungen über Honorarzahlungen vor.

Walesa, der sich derzeit im Ausland aufhält, teilte mit: "Es können keine von mir stammenden Dokumente vorliegen." Er will sich juristisch gegen die neuerlich erhobenen Vorwürfe wehren.

Früher war dem Friedensnobelpreisträger in zwei IPN-Büchern vorgeworfen worden, in den 70er Jahren Kollegen auf der Danziger Werft für die kommunistische Geheimpolizei SB bespitzelt zu haben. Ein Sondergericht sprach Walesa aber vor mehr als 15 Jahren von allen Spitzelvorwürfen frei. Im Jahr 2008 warf der damalige Staatspräsident Lech Kaczynski Walesa persönlich Spionage vor.

Walesa war in kommunistischer Zeit Anführer der Gewerkschaft Solidarnosc und von 1990 bis 1995 erster demokratisch gewählter Präsident Polens. Er bestritt die Existenz derartiger Unterlagen und sprach von einer Fälschung. Walesa war im Jahr 2000 von einem Gericht vom Vorwurf der Spitzeltätigkeit freigesprochen worden.

Das IPN verwaltet die Geheimdienstunterlagen und ist auch für die juristische Aufarbeitung von Verbrechen aus nationalsozialistischer und kommunistischer Zeit zuständig. Walesa (72) gilt als Kritiker der seit Oktober regierenden neuen nationalkonservativen Regierung und des Chefs der Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS), Ex-Premier Jaroslaw Kaczynski. Im Dezember warnte der Freiheitsheld angesichts der gesellschaftlichen Spannungen vor einem "Bürgerkrieg" in Polen.

Dabei waren Walesa und Kaczynski früher enge Vertraute und politische Mitstreiter: Jaroslaw und sein Zwillingsbruder Lech, der 2010 im Amt des Staatspräsidenten bei einem Flugzuunglück umkam, gehörten in den 80er Jahren der Solidarnosc-Bewegung an, die sich gegen das kommunistische Regime stellte. Nach der demokratischen Wende schlugen sich die beiden noch auf die Seite des konservativen Walesa, als das Solidarnosc-Lager in einen linken und einen rechten Flügel auseinanderbrach. Wenig später gingen sie aber in scharfe Opposition zu dem Friedensnobelpreisträger.

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