Irland: Parlamentswahl bringt keine klare Mehrheit

Irland: Keine klare Mehrheit nach Parlamentswahl
Irland: Keine klare Mehrheit nach ParlamentswahlAPA/AFP/LEON NEAL
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Die bisherige Koalition unter dem gemäßigt konservativen Ministerpräsidenten Enda Kenny hat ihre Regierungsmehrheit verloren.

Angesichts der unklaren Mehrheitsverhältnisse nach der Parlamentswahl hat Irland am Sonntag ungeduldig auf das Ende der Stimmenauszählung gewartet. Zwei Tage nach der Wahl standen bis zum Nachmittag zwar zwei Drittel der künftigen Abgeordneten fest, doch blieb weiter unklar, wie die künftige Regierung in Dublin aussehen könnte.

Die Lage erinnert an Spanien, das über sechs Wochen nach der Wahl noch keine Regierung hat. Fest steht bisher nur, dass die bisherige Koalition unter dem gemäßigt konservativen Ministerpräsidenten Enda Kenny ihre Regierungsmehrheit verloren hat. Von den am Nachmittag bekannten 105 der insgesamt 158 Mandate kamen 32 auf Kennys Mitte-Rechts-Partei Fine Gael und nur vier Sitze auf die mit ihr verbündete Labour-Partei.

Die konservative Fianna Fail, die Irland jahrelang regierte, bevor sie 2011 von den Wählern wegen der Finanzkrise abgestraft worden war, konnte bis zum Mittag 30 Sitze für sich verbuchen, die linksgerichtete Partei Sinn Fein kam auf 24 Sitze. Die restlichen Sitze verteilten sich auf unabhängige Kandidaten, kleinere Bewegungen sowie auf Parteien, die wie die Sinn Fein den strikten Sparkurs der Regierung ablehnen.

Kenny räumte seine Niederlage bereits ein: "Die Bevölkerung hat klar entschieden, diese Regierung nicht wiederzuwählen," sagte er in der Nacht zum Sonntag. Einen Rücktritt aber lehnte er ab und kündigte an, sich weiterhin für eine stabile Regierung einsetzen zu wollen. Wie diese aussehen könnte, wollte er aber erst nach Auszählung aller Stimmen sagen. Das Endergebnis wird angesichts des komplizierten Auszählverfahrens frühestens am Montag erwartet.

Drei Szenarien möglich

Bislang sind drei Szenarien möglich: Da die Sinn Fein keinem Bündnis als Juniorpartner beitreten möchte und den bisherigen Austeritätskurs strikt ablehnt, könnte Kennys Koalition mit der Unterstützung unabhängiger Kandidaten oder kleinerer Parteien weiterregieren. Oder die historischen Rivalen Fine Gael und Fianna Fail schließen sich zu einem Bündnis zusammen. Sonst müsste es Neuwahlen geben.

Eine stabile Regierung wäre nach Einschätzung vieler Kommentatoren nur mit einer großen Koalition möglich. Diese Möglichkeit hatten sowohl Kenny als auch Fianna-Fail-Chef Micheal Martin im Vorfeld allerdings ausgeschlossen. Obwohl beide Parteien eine ähnliche Politik verfolgen, sind sie sich seit dem Kampf Irlands um seine Unabhängigkeit vom Vereinigten Königreich in den 1920er-Jahren spinnefeind.

Angesichts der "echten demokratischen Rebellion", wie der "Irish Independent" die Wahl bezeichnete, könnten sich die beiden Parteien aber schließlich gezwungen sehen, das Undenkbare zu denken. Er denke, das "Establishment" werde "die Nasen zukneifen, gemeinsam die Wagenburg aufstellen und zusammenrücken, um die Barbaren vor dem Tor fernzuhalten", schrieb auch "Independent"-Kolumnist Brendan O'Connor.

In dem Fall würde die Sinn Fein zu Irlands größter Oppositionspartei - ein Sieg für die Partei von Garry Adams, die lange Zeit als politischer Arm der nordirischen Untergrundorganisation IRA galt. Die Parteien haben bis zum 10. März Zeit, um eine Lösung zu finden. Dann tritt das neue Parlament zu seiner konstituierenden Sitzung zusammen und bestimmt - zumindest theoretisch - den Ministerpräsidenten.

Regierungschef Kenny hatte im Wahlkampf auf die aktuell gute Konjunktur in Irland verwiesen, das nach der Wirtschafts- und Finanzkrise im Jahr 2008 nun mit sieben Prozent die höchste Wachstumsrate in der EU hat. Gegen Kennys Sparkurs hat sich allerdings starker Widerstand formiert. Viele Leute machten bereits vor der Wahl deutlich, dass sie den Sparkurs nicht mehr mittragen wollen, solange sie von dem Aufschwung nichts mitbekommen.

Dass Kenny und vor allem sein Labour-Partner nun abgestraft wurden, überrascht viele Wähler nicht: "Sie haben den Menschen einfach nicht zugehört, so simpel ist das", sagte die rund 40-jährige Gartenbau-Angestellte Susan O'Brian.

(APA)

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