Nach einer Terrorserie verschärft Jerusalem die Sicherheitsmaßnahmen und Strafen.
Jerusalem. Mit einem Paket präventiver Maßnahmen und schärferen Strafen will Israels Sicherheitsapparat die aktuelle Gewaltwelle bekämpfen. Bei mehreren Anschlägen waren am Dienstag ein Passant getötet und zwölf weitere Menschen zum Teil schwer verletzt worden. Die vier palästinensischen Angreifer wurden noch an den Tatorten niedergestreckt.
Auch am Mittwoch kam es erneut zu einem Zwischenfall, bei dem zwei junge Palästinenser mit Schusswaffen zunächst einen Bus und später eine Menschengruppe an einer Haltestelle der Stadtbahn in Jerusalem angriffen. Dabei wurde ein palästinensischer Passant aus Ostjerusalem getötet. Die beiden Angreifer wurden von Grenzpolizisten erschossen.
Zu den geplanten Sicherheitsmaßnahmen gehört der Bau weiterer Sperranlagen bei Jerusalem, die Schließung palästinensischer Sender, die zur Gewalt aufrufen und schärfere Strafen gegen Israelis, die illegal palästinensische Arbeitskräfte beschäftigen. „Warum musste er (Netanjahu, Anm.) dafür sechs Monate warten?“, fragte Ex-Außenminister Avigdor Lieberman von der nationalkonservativen Partei Israel Beitenu (Unser Heim Israel) polemisch.
Doppeltes Spiel von Abbas
Lieberman machte auch Palästinenserpräsident Mahmud Abbas für die Gewalt verantwortlich. Abbas spiele ein doppeltes Spiel, wenn er im Gespräch mit US-Vizepräsidenten Joe Biden den Terror verurteile, dann aber „den Terroristen von dem Geld, das wir ihm geben, eine monatliche Abfindung zahlt“. Oppositionsführer Jitzhak Herzog bezeichnete die Regierung Netanjahu als impotent. Er begrüßte indes die Errichtung von Sperranlagen: „Wenn es Sperren gibt, werden sich die Gemüter beruhigen.“
Joe Biden verurteilte in Jerusalem den Terror, für den es „keine Rechtfertigung gibt”, und erklärte, dass die USA der Sicherheit Israels verpflichtet seien. Die Beziehungen der beiden Staaten waren erneut auf die Probe gestellt worden, als Premier Netanjahu am Vortag eine für März geplante Reise nach Washington wegen des US-Wahlkampfs abgesagt hatte.
Bidens Gespräche mit Netanjahu und Abbas könnten, wie der israelische Hörfunk kommentierte, auf einen letzten Versuch des US-Präsidenten, Barack Obama, hindeuten, noch vor Ende seiner Amtszeit dem Friedensprozess im Nahen Osten seinen Stempel aufzudrücken. Eine Initiative aus Frankreich stieß in Jerusalem auf sofortige Ablehnung, nachdem die Regierung in Paris angekündigt hatte, bei einem Scheitern der geplanten Friedenskonferenz den Staat Palästina anzuerkennen. Ohne politische Perspektive, darin sind sich die politischen Beobachter in Israel zunehmend einig, werde die Serie der zumeist mit Messern verübten Attentate auf absehbare Zeit kaum abreißen.
Die palästinensischen Messerstecher seien nicht miteinander vernetzt, schreibt Amos Harel in „Haaretz“, und handelten in der Regel spontan. Die Angriffe seien Munition für Israels Innenpolitik.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.03.2016)