Brüssel: Die Jagd nach Terrorverdächtigen geht weiter

Die Polizei bei dem Einsatz in Forest.
Die Polizei bei dem Einsatz in Forest.REUTERS
  • Drucken

Brüssel sei knapp einer Tragödie entkommen, sagt Belgiens Premier. Am Mittwoch geht der Anti-Terror-Einsatz, bei dem am Dienstag ein Verdächtiger starb, weiter.

"Wir sind einer Tragödie entkommen", sagte Dienstagabend nach einem Antiterroreinsatz in Brüssel der belgische Premier Charles Michel. Polizisten aus Belgien und Frankreich hatten bei einer gemeinsamen Razzia im südlichen Stadtteil Forest am Nachmittag nach Verdächtigen der Pariser Terroranschläge gesucht, als sie plötzlich unter Beschuss gerieten. Vier belgische Beamte wurden verletzt. Es kam zur Schießerei, einer der Angreifer wurde dabei erschossen.

Die Jagd nach weiteren Verdächtigen dauert jedoch an. Am Mittwoch gab es daher erneut einen Anti-Terror-Einsatz in Forest. In dem Viertel seien mehrere Häuser evakuiert worden, berichtete der Fernsehsender RTBF.

Die Identität des Toten war zunächst weiter nicht geklärt. Nach Angaben der Zeitung "La Derniere Heure" (DH) soll nach zwei Brüdern - Khalid und Ibrahim El B. - gefahndet werden, die wegen Banditentum und Terrorismus gesucht werden. Der belgische Premier Charles Michel wird um 10.30 Uhr eine Pressekonferenz geben. Er hat auch den nationalen Sicherheitsrat einberufen.

Schwere Schusswechsel

Wie viele Verdächtige am Dienstag flüchten konnten, blieb zunächst unklar. Lokale Medien berichteten von einem oder zwei flüchtigen Schützen. Laut „Dernière Heure“ entkamen der oder die Verdächtigen über die Dächer der nahen Häuser. Augenzeugen berichteten von schweren Schusswechseln zwischen den Unbekannten und der Polizei, die über mehrere Minuten anhielten. Während ihrer Verfolgungsjagd sperrte die Polizei den Tatort weiträumig ab. Hubschrauber kreisten über dem Gebiet. Zwei nahe gelegene Schulen und Kindergärten wurden abgeriegelt. Die Kinder seien in Sicherheit.

Die Sicherheitskräfte konnten bei ihrer Razzia laut den lokalen Medien Kalaschnikows sicherstellen, die offenbar in dem Keller des untersuchten Gebäudes zurückgelassen worden waren. Auch Magazine seien gefunden worden, hieß es.

Nicht der Hauptverdächtige

Die Behörden suchen noch immer nach Verdächtigen, die an den Pariser Anschlägen mit 130 Toten beteiligt gewesen sein sollen. Die Aktion von Dienstag galt aber nicht dem flüchtigen Hauptverdächtigen, dem 26-jährigen Salah Abdeslam. Der Bruder eines der Selbstmordattentäter wird seit den Pariser Anschlägen vom 13. November mit 130 Toten als Mittäter gesucht. "Die Operation galt nicht Salah Abdeslam, sondern dem Umfeld eines oder mehrerer der elf belgischen Beschuldigten", hieß es.

Abdeslam steht im Verdacht, an den Anschlägen beteiligt gewesen zu sein und ist deswegen einer der meistgesuchten Terroristen Europas. Salah Abdeslam ist zugleich Bruder eines der Selbstmordattentäter, die sich in Paris mit einem Sprengstoffgürtel in die Luft gesprengt hatten. Wie andere berüchtigte Islamisten auch wuchs er im Brüsseler Stadtteil Molenbeek auf. Dieser gilt als belgische Islamistenhochburg.

Aus Ermittlerkreisen hieß es, die Beamten wollten lediglich eine leer stehende Wohnung überprüfen, die einer der Gesuchten angemietet habe. Nach dem Vorfall durchkämmten Spezialkräfte das Viertel Haus für Haus.

Die Sicherheitskräfte konnten zunächst Kalaschnikows sicherstellen, die offenbar von den Attentätern zuvor in dem Keller des untersuchten Gebäudes zurückgelassen wurden. Auch Magazine wurden gefunden. Laut der Online-Ausgabe von "derniere heure" waren auch weitere Schießereien zu hören.

Dass auch französische Beamte an der Operation beteiligt waren, bestätigte der französische Innenminister, Bernard Cazeneuve, auf einer Pressekonferenz in der westafrikanischen Elfenbeinküste. Dort hatten mehrere al-Qaida-Terroristen am Sonntag einen Badeort angegriffen, auch vier Franzosen war dabei getötet worden. Cazeneuve dort sprach im Zusammenhang mit dem Brüsseler Einsatz von „schweren Waffen“, mit denen auf die Beamten geschossen worden sei.

Laut Staatsanwaltschaft stand die Razzia im Stadtteil Forest im Zusammenhang mit den islamistischen Anschlägen von Paris im November 2015.
Seitdem fahnden die belgischen Behörden intensiv nach Hintermännern und Komplizen im islamistischen Milieu.

Immer wieder Belgien

Bei den Pariser Anschlägen vom 13. November hatten mehrere Attentäter im Konzertsaal "Bataclan", an verschiedenen Bars und Restaurants sowie am Fußballstadion im Vorort Saint-Denis zugeschlagen. Insgesamt starben bei der Terrorserie 130 Menschen. Zu der schwersten Anschlagsserie in der Geschichte Frankreichs bekannte sich die Jihadistenmiliz "Islamischer Staat" (IS).

Einige der Attentäter lebten vor den Anschlägen im Brüsseler Brennpunktviertel Molenbeek und waren den Sicherheitsbehörden bekannt. Nach den Attentaten wurde daher Kritik an der Arbeit der belgischen Ermittler laut.

Seit Mitte November wurden in Belgien elf Verdächtige wegen der Pariser Anschläge festgenommen, acht von ihnen sitzen derzeit noch in Untersuchungshaft. Nach dem mutmaßlichen Attentäter Salah Abdeslam, der in Molenbeek aufwuchs, wird weiterhin gefahndet.

(Red./Ag.)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Die Polizei hat den Tatort nach einer Razzia heute morgen versiegelt.
Außenpolitik

Brüssel: Polizei findet IS-Fahne bei totem Terrorverdächtigen

Der bei einer Razzia Getötete sei ein Algerier, der sich illegal in Belgien aufhielt. Zwei Verdächtige sind weiterhin auf der Flucht.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.