Slowakei: Neue Fico-Regierung in Rekordzeit

Robert Fico.
Robert Fico.(c) REUTERS (DAVID W CERNY)
  • Drucken

Premier Fico steht zehn Tage nach der Wahl vor seiner dritten Amtszeit: Der Sozialdemokrat einigte sich mit drei Mitte-rechts-Parteien auf ein Regierungsbündnis.

Bratislava. Dieses Tempo haben Robert Fico noch vor ein paar Tagen weder Gegner noch Anhänger zugetraut: Kaum hatte der Sozialdemokrat beim „politischen Erdbeben“ der Parlamentswahl vom 5. März ein Drittel seiner Wähler und die absolute Mehrheit verloren, da stand schon das Grundgerüst seiner künftigen Koalition. Die neue slowakische Regierung mit Fico an der Spitze dürfte nun am Mittwoch nächster Woche angelobt werden.

Dabei hatten sich die Chefs fast aller anderen Parlamentsparteien vor der Wahl gegenseitig geschworen, unter keinen Umständen eine Koalition mit Fico einzugehen. Nur die nach vier Jahren wieder ins Parlament zurückgekehrte Slowakische Nationalpartei SNS stand von Anfang an als willige Braut bereit und wird jetzt auch als zweitstärkster Partner mitregieren.

Vergessen scheint, dass diese SNS vor einigen Jahren noch wegen ihrer minderheitenfeindlichen Rhetorik europaweit geächtet war und bei der vorletzten Wahl gerade deshalb aus dem Parlament flog, weil sie ihre frühere Regierungsbeteiligung als Ficos Juniorpartner vor allem zur Bereicherung von Günstlingen genützt hatte.

Offen rassistisch

Doch gilt die SNS inzwischen als harmlos im Vergleich zu anderen Neo-Parlamentsparteien: Den größten Schock bewirkte der Einzug der rechtsextremen Volkspartei Unsere Slowakei mit 14 Abgeordneten ins Parlament. Generalstaatsanwalt Jaromír Čižnar äußerte sich verwundert, dass die offen rassistische Uniformiertentruppe überhaupt zugelassen worden war: Beginnend mit ihrem „Führer“ Marian Kotleba seien anscheinend die wichtigsten Führungspersonen und auch die Ziele mit denen der 2006 als Partei verbotenen Slowakischen Gemeinschaft identisch.

Neu ins Parlament gekommen ist auch die vielfach zunächst als Juxkandidatur unterschätzte ausländerfeindliche Partei „Wir sind Familie“ des Unternehmers Boris Kollár. Er ist – abgesehen von seinen von ihm selbst verharmlosten Kontakten zu inzwischen großteils erschossenen ehemaligen Mafiabossen – vor allem dadurch bekannt, dass er neun Kinder mit acht verschiedenen Frauen hat.

Der als Eurokritiker bekannte Liberale Richard Sulik als Chef der überraschend zweitstärksten Partei SaS hätte auch Kollár als Partner gebraucht, um, wie von ihm angestrebt, eine breite bürgerliche Koalition ohne Fico und die Neofaschisten zu bilden. Ein solches Sechsparteienkonstrukt schien so wenig lebensfähig, dass sich die beiden kleinsten Parlamentsparteien dann doch lieber in eine berechenbarere Vierparteienkoalition mit Fico und der Nationalpartei locken ließen: Die ungarisch-slowakische Verständigungspartei Most-Hid (Brücke) von Béla Bugár und die konservative Siet (Netz) des Jungpolitikers Radoslav Procházka werden wegen ihrer Koalitionszusage aber bereits von innerparteilichen Protesten und Parteiaustritten erschüttert.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.03.2016)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Der alte und neue Premier Fico (re.)
Außenpolitik

Dritte Amtszeit für slowakischen Premier Fico

Die Regierungkoalition steht. Die Sozialdemokraten einigten sich mit den Mitte-Rechts-Parteien auf ein Bündnis. Die konstitutierende Parlamentssitzung findet am 23. März statt.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.