Die deutsche Regierung muss über Ankaras Antrag auf Strafverfolgung Jan Böhmermanns befinden. Die Komikszene schießt sich weiter auf den türkischen Präsidenten ein.
"Ich sing einfach, was du bist, ein Terrorist." Ein im Internet veröffentlichtes Lied des deutschen Komikers Didi Hallervorden über Recep Tayyip Erdoğan gießt Öl ins Feuer dessen, was in Deutschland mittlerweile Staatsaffäre genannt wird - den Konflikt zwischen Ankara und Berlin wegen Satirebeiträgen über den türkischen Präsidenten. Am Sonntag hatte ja die Türkei in einer Verbalnote die Strafverfolgung des TV-Satirikers Jan Böhmermann gefordert, der in seiner Sendung "Neo Magazin Royale" ein Schmähgedicht über Erdoğan vorgelesen hatte.
Der Streit hat mittlerweile zwei Ebenen - auf der diplomatischen ist Deutschland bemüht, einen Balanceakt zwischen außenpolitischen Interessen und dem Grundrecht der Presse- und Meinungsfreiheit aufzuführen. Auf der anderen entdeckt die deutsche Humorszene den türkischen Präsidenten als dankbare Zielscheibe für ihren Spott. Nun also auch Didi Hallervorden. "Erdoğan, Erdoğan, zeig mich bitte auch mal an" ist einer der harmloseren Reime. "Mach auch meinen Song bekannt, sei nur einfach wutentbrannt." Doch abgesehen davon enthält das Lied auch brisante Aussagen: "Ich sing einfach, was du bist, ein Terrorist, der auf freien Geist nur scheißt."
Regierung in der Zwickmühle
Für die deutsche Regierung ist ein solcher Beitrag bitter, immerhin ist man ohnehin schon in der Situation, dass man die verärgerte türkische Führungsriege besänftigen muss. Gleichzeitig geht es aber auch um die Wahrung der Meinungsfreiheit, der Satire. Vertreter von Kanzleramt, Auswärtigem Amt und Justizministerium kommen am heutigen Montag zusammen, um sich des Themas zu widmen. Immerhin müsste die Bundesregierung die Strafverfolgung Böhmermanns ermächtigen, die die Türkei gefordert hatte. Die Staatsanwaltschaft Mainz ermittelt in dieser Angelegenheit nach zahlreichen Anzeigen bereits wegen "Beleidigung von Organen und Vertretern ausländischer Staaten" gemäß Paragraf 103 des Strafgesetzbuches (StGB).
In einem Telefonat mit dem türkischen Ministerpräsidenten Ahmet Davutoğlu hatte Kanzlerin Angela Merkel bereits vergangene Woche davon gesprochen, dass der Böhmermann-Text "bewusst verletzend" gewesen sei. Ob sie sich auch entschuldigt hatte, ließ ihr Regierungssprecher offen. Allein, die Hoffnung, dass damit die Angelegenheit dezent aus der Welt geschaffen worden sein könnte, zerschlug sich bald - nämlich mit der türkischen Aufforderung nach Strafverfolgung Böhmermanns.
Juristische Frage: Beleidigung oder Gesamtkontext
Die juristisch zu klärende Frage wird nun sein, ob Böhmermanns Schmähgedicht eine Beleidigung ist - oder ob es im Gesamtkontext betrachtet werden muss. Und der Satiriker hatte das Gedicht so vorgetragen, dass er sagte, dass genau das nicht mehr unter Satire falle und daher in Deutschland verboten sei. Während sich nun also Juristen mit diesem Fall befassen, muss sich die deutsche Regierung wohl darauf einstellen, dass nach Hallervorden auch noch weitere Nadelstiche aus der Komikszene folgen werden.