Bulgarien: Selbst ernannte "Patrioten" jagen Flüchtlinge

Ein Flüchtling liegt gefesselt auf dem Boden.
Ein Flüchtling liegt gefesselt auf dem Boden.Youtube, E-BURGAS
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"Flüchtlingsjäger" gehen immer öfter eigenständig auf die Jagd nach illegalen Migranten. Ihr Verhalten sei rechtswidrig, sagt der bulgarische Grenzschutz.

Am Montag sorgte in Bulgarien ein Amateurvideo selbst ernannter Flüchtlingsjäger für Aufsehen. Immer öfter patrouillieren diese sogenannten "Patrioten" an der Grenze zu Griechenland und der Türkei, um illegal Einreisende auf eigene Faust festzuhalten.

Das Video, das auf Sozialen Netzwerken veröffentlicht wurde, zeigt die Berge von Strandja, nahe der türkischen Grenze. Miliz-Mitglieder treiben verschreckte Flüchtlinge vor sich her, drücken sie im Wald zu Boden und fesseln ihre Hände auf dem Rücken mit Kabelbindern. Ein Mann trägt sogar eine Machete. In gebrochenem Englisch befiehlt ihnen eine Männerstimme, zurück in die Türkei zu gehen. Sie dürften nicht nach Bulgarien.

Die Männer sind auf dem Video nicht zu erkennen. Immer öfter aber tauchen seit Jahresbeginn Aufnahmen solcher selbst organisierten Flüchtlingsfestnahmen im Internet auf. Die Jägertrupps hielten die Einreisenden nicht nur fest, heißt es in Sozialen Medien, sie beraubten die Flüchtlinge auch ihrer Habseligkeiten. Der bekannteste Flüchtlingsjäger ist wohl Dinko Valev, der immer wieder - auch in westlichen Medien - auftritt. "Bulgarien braucht Leute wie mich, würdevolle Bulgarier, die bereit sind, ihr Heimatland zu verteidigen", sagt er dem Internetportal "euractiv".

Unterstützung durch Bevölkerung

Der bulgarische Grenzschutz hat die selbst ernannten Flüchtlingsjäger davor gewarnt, illegal eingereiste Migranten auf eigene Faust festzuhalten. "Festnahmen erfolgen in Bulgarien nur durch die Polizei", erklärte Grenzschutzchef Antonio Angelow am Montag im Privatsender bTV. Die Freiwilligengruppen sollten die Polizei anrufen, wenn sie illegal Eingereiste sichten, und diese nicht festnehmen, sagte Angelow. "Diese Handlungen sind milde ausgedrückt gesetzeswidrig", kritisierte er.

Unterstützung bekommen die Flüchtlingsjäger allerdings aus der Bevölkerung. Eine Meinungsumfrage, des staatlichen Fernsehens BNT zeigte, dass 84 Prozent der Zuseher die Milizen in ihrem Tun unterstützen. 16 Prozent verurteilten die Patrouillen. Auch in Sozialen Medien ist die Unterstützung für die Freiwilligengruppen groß, berichtet "euractiv".

Bulgarien verstärkt Grenze

Bulgarien fürchtet, zu einer Alternativroute für Flüchtlinge nach Mitteleuropa zu werden, da der Weg über den Balkan versperrt ist. Daher will das Land am Bosporus seinen Grenzschutz durch Soldaten verstärken. Nach einem entsprechenden Beschluss vom Montag sollen "300 Mann der bulgarischen Armee zusätzlich an die Grenzen verlegt werden", sagte Regierungschef Boiko Borissow nach Berichten bulgarischer Medien. "Sollte jemand die türkische oder griechische Grenze (illegal) passieren, wird er in Bulgarien festgehalten", sagte Borissow.

Pro Tag seien es derzeit bis zu 100 Menschen. Überall an seiner insgesamt etwa 1000 Kilometer langen Südgrenze Zäune errichten, könne Bulgarien nicht.

Bulgariens 270 Kilometer lange Grenze zur Türkei - eine EU-Außengrenze - wird seit 2014 an bestimmten Stellen durch Drahtzäune geschützt. Bis Ende Juni sollen diese Zäune auf insgesamt 160 Kilometer verlängert werden. Bulgarien erwägt auch einen Grenzzaun zu Griechenland, sollte es zu einem massiven Andrang von Flüchtlingen kommen. Dort waren nach einer Armeeübung im März 400 Soldaten stationiert worden, weitere 500 Mann könnten schnell dorthin verlegt werden.

>>> Zum Bericht auf euractiv.

(APA/dpa/red.)

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