Italien: Der Mann hinter Beppe Grillo ist tot

File picture shows Italy´s Five Star Movement co-founder Gianroberto Casaleggio waving to supporters during an election campaign for European Elections in Rome
File picture shows Italy´s Five Star Movement co-founder Gianroberto Casaleggio waving to supporters during an election campaign for European Elections in Rome(c) REUTERS (© Remo Casilli / Reuters)
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Internetfreak Gianroberto Casaleggio galt als graue Eminenz hinter Beppe Grillos Fünf-Sterne-Bewegung.

Rom.Gianroberto Casaleggio – um diese Minimalwürdigung kommen auch seine größten Gegner nicht herum, jetzt da er tot ist – war einer der größten Erneuerer der italienischen Politik. Geboren in Mailand 1954, gestorben dort nach langer Krankheit an diesem Dienstag, hat er die Fünf-Sterne-Bewegung erfunden. Der bekanntere Beppe Grillo, explosiver Showstar und Charismatiker diente dem scheuen Computerfreak Casaleggio als Zugpferd und Aushängeschild für eine ganz andere Idee: für die einer Internetpartei. In dieser sollte es keine „Besitzer und Herren“ geben; der Souverän sollte „das Netz“ sein, jedenfalls in Gestalt der in die Bewegung eingeschriebenen „User“.

Vorbereitet durch die plätzefüllenden Auftritte, die „Leck mich am Arsch“-Tage Beppe Grillos, wurde die Fünf-Sterne-Bewegung bei der Parlamentswahl 2013 aus dem Stand mit mehr als 25 Prozent der Stimmen zahlenmäßig stärkste parlamentarische Kraft. Casaleggio blieb im Hintergrund. Als undurchschaubarer „Guru“. Als Herr über das Herz der „Nichtpartei“: den Server. Und womöglich als Marionettenspieler.

In Casaleggios Mailänder Computerfirma laufen seit zehn Jahren alle Fäden zusammen: Grillos massenwirksamer Blog, die Internetabstimmungen zu dem, wie sich „Grillini“ im Parlament verhalten sollen, die Kandidatensuche. Wie viele sich beteiligen, wie die Ergebnisse wirklich lauten, erfährt die Öffentlichkeit nur in Ausnahmefällen. Casaleggio und Grillo verkünden irgendetwas als Resultat, als unumstößlichen, nicht kritisierbaren „Willen des Volkes“, das hat zu gelten – und wenn es der Rauswurf unliebsamer interner Kritiker ist. Kürzlich sagte Grillo, er wolle zur Seite treten, seine Rechte an der Bewegung aufgeben, wieder Komiker werden. Casaleggio hingegen tönte noch vergangene Woche, er bleibe. Jetzt muss sich die Fünf-Sterne-Bewegung neu erfinden: Es sei denn, sie akzeptiert Casaleggios längst als Zweitregisseur tätigen Sohn Davide (40) als neuen Mentor. Gegen eine solche dynastische Regelung gibt es aber Widerstand. Mal sehen, was „das Netz“ entscheidet.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.04.2016)

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