Tschechien heißt offiziell Tschechien

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Das tschechische Česko steht auch für Böhmen. Das passte den Mährern und Schlesiern nicht. Doch auf die nimmt man nun keine Rücksicht mehr.

Prag. Man hatte es schon nicht mehr für möglich gehalten: Seit Beginn der Eigenstaatlichkeit 1993 suchte die Tschechische Republik (Česká republika) nach einem offiziellen Kürzel – und der Rest Europas amüsierte sich, dass sie keines fand.

Künftig soll das Nachbarland auf Deutsch kurz und schmerzlos „Tschechien“ heißen. Angeblich war es der ORF, der der Tschechischen Republik in der Nacht zum 1. Jänner 1993 dieses Kürzel verpasste. Im Lateinischen benutzte man diesen Begriff erstmals 1634, im Englischen seit dem 18. Jahrhundert.

Nur: Den Tschechen passte das nicht. Das tschechische Česko steht auch für Böhmen. Doch Mährer und Schlesier fühlten sich benachteiligt. Die waren schon in alten tschechoslowakischen Zeiten sauer: Damals gab es eine zweigeteilte Hymne, zwischen dem tschechischen und dem slowakischen Teil war eine kleine Pause. „Die ist für Mähren“, spotteten seinerzeit die Böhmen.

Längst eingebürgert

Der große Aufruhr ist indes nicht mehr zu verspüren. In den tschechischen Medien und im allgemeinen Sprachgebrauch hat sich Česko längst eingebürgert. Kein Tscheche spricht im Alltag von der Tschechischen Republik, wie ja auch kein Franzose von der Republik Frankreich, kein Däne vom Königreich Dänemark oder kein Deutscher von der Bundesrepublik Deutschland spricht.

Mit dem offiziellen Namen gab es wegen dessen Länge immer Probleme. Die Anmeldung des Kurznamens bei den Vereinten Nationen erfolgt immer in der englischen Version, die danach weltweit gilt. Auf Englisch heißt die Tschechische Republik künftig kurz Czechia. Der alte deutsche Begriff Tschechei ist bei den Nachbarn wegen der Nähe zur Nazi-Diktion „Rest-Tschechei“ – nach der Abspaltung der Slowakei 1939 – nicht gerade wohlgelitten. (hjs)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.04.2016)

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